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Kriminelles Karussell

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Words 502
Pages 3
„Kriminelles Karussell“ – Der Betrug mit der Umsatzsteuer wächst – der Fiskus ist hilflos

Text: „Kriminelles Karussell“, Süddeutsche Zeitung, 9.11.2004, Ulrich Schäfer Der Zeitungsartikel behandelt den meist europaweit organisierten Betrug mit der Umsatzsteuer, der in Deutschland im Jahre 2004 einen Schaden von bis zu 20 Milliarden Euro verursacht hat. Da die Kreativität der Tatbeteiligten unerschöpflich ist, ist der Fiskus hilflos. Während seiner Amtszeit als Finanzminister stand Hans Eichel (1999-2005) vor einem großen Problem: jährlich entzogen Betrüger dem Fiskus mehrere Milliarden Euro. So urteilte der Bundesrechnungshof, die von den Tatbeteiligten eingesetzte „Kreativität und Gestaltungsvielfalt ist nahezu unerschöpflich“. Nach Berechnungen des Münchener IfoInstitutes (eines der größten deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute), gingen dem Fiskus allein im Jahre 2004 rund 17 Milliarden Euro verloren. Der Bundesrechnungshof ging von bis zu 20 Milliarden Euro aus. Europaweit belief sich der Schaden auf etwa 100 Milliarden Euro. Mehrfach versuchte Eichel durch Verschärfungen im Umsatzsteuer-Gesetz und durch schärfere Kontrollen den Betrügern das Handwerk zu legen. Allerdings blieben alle Versuche erfolglos. Denn das Problem sind nicht nur Handwerker, die auf eine Rechnung und somit auf die Mehrwertsteuer verzichten. Schlimmer noch ist der organisierte Betrug. Seit Jahren schon machen Banden Gebrauch von dem folgenden „Trick“: Da für Unternehmen die Mehrwertsteuer nur ein durchlaufender Posten ist, reichen Banden Scheinrechnungen beim Fiskus ein und bekommen die auf die vermeintlich eingekaufte Ware bezahlte Abgabe (auch Vorsteuer genannt), zurück. So werden europaweit Firmennetze eingerichtet, über die immer wieder dieselbe Ware, zum Beispiel Handys, zum Schein eingekauft beziehungsweise weiterverkauft wird. Jedes mal reicht der Händler die Rechnung für die angeblich erworbene Ware beim Finanzamt ein und erhält von diesem die darauf angeblich entrichtete Umsatzsteuer zurückerstattet. Das Finanzamt wartet dann vergeblich auf die Zahlung dieses Unternehmens, wenn es die Ware weiterverkauft. Steuerfahnder sprechen in diesem Fall von „Karussellgeschäften“. Machtlos sind sie gegen diese, da die Drahtzieher ihre „Karusselle“ nur für kurze Zeit betreiben und verschwinden, bevor die Fahnder Verdacht schöpfen und die Firmenräume überprüfen. Laut Bundesrechnungshof seien die Täter meist im Bereich der organisierten Kriminalität zu finden, wie zum Beispiel in der Branche des Anlagebetrugs, der Geldwäsche oder sogar der Terrorismusfinanzierung. Sie nutzen dabei gezielt aus, dass die deutschen Steuerbehörden nur wenig kooperieren und der Austausch von Daten zwischen den Bundesländern oft nicht klappt. Die Fahnder seien, so Steuerstaatssekretärin Barbara Hendricks, den internationalen Betrügerringen „oftmals einfach unterlegen“.Noch deutlicher drückt es der Bundesrechnungshof aus: Die Finanzverwaltung sei trotz der bekannten Probleme immer noch „organisatorisch, personell sowie auch methodisch nur unzureichend aufgestellt“. So gelingt es der Finanzverwaltung nicht, die ihr zustehenden Steuern rechtzeitig und vollständig zu erheben. Deshalb hätte Eichel gerne die deutsche Finanzverwaltung neu geordnet und dem Bund mehr Macht gegeben. Allerdings unterstützte die FöderalismusReformkommission den Traum von einer zentralen Bundesfinanzverwaltung in keiner Hinsicht, sodass Eichel die seiner Meinung nach zweitbeste Lösung verfolgen musste, die Vereinheitlichung der Computerprogramme über Ländergrenzen hinweg und die Beschleunigung des Datenaustausches über verdächtige Firmen. Ferner beabsichtigte er, die Regeln für Steuerfahnder zu standardisieren. Ähnlich sieht es auch der Bundesrechnungshof. „Da muss ein Umdenken statt finden“, forderte seine Staatssekretärin Hendricks, „ansonsten entkleiden wir uns unsere eigenen Einnahmen“.

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