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Das Sozialpsychologische PhäNomen Tpe Bei Politischen Werbeplakaten

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Words 3389
Pages 14
Universität St. Gallen

Das sozialpsychologische Phänomen TPE bei politischen Werbeplakaten
Céline Stalder
Wybergstrasse 45
8542 Wiesendangen
Matrikelnummer: 14-609-689
Tel.: 0793986728 celine.stalder@student.unisg.ch Einführung ins wissenschaftliche Schreiben
Übungsleiterin: Angela Eicher
Abgabedatum: 10.11.2014

Abstract

Mithilfe des sozialpsychologischen Phänomens „the third-­‐person-­‐effect“ (TPE) wird im Rahmen

dieser

Arbeit

das

Medium

„Werbeplakat“

an

der

Massenein-­‐

wanderungsinitiative untersucht. Nachdem Davison (1983) diese Theorie erstmals niedergeschrieben hat, befassen sich aktuelle Studien hauptsächlich mit den Rahmenbedingungen und den unterschiedlichen Ausprägungen des TPE. Anhand von einer Umfrage konnte in dieser Arbeit festgestellt werden, dass 70% der Befragten tatsächlich bei politischen Werbeplakaten – wie es der TPE prophezeit – den Einfluss der Massenmedien auf sich selbst gegenüber Dritten unterschätzen.

I.

Inhaltsverzeichnis II. Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. II 1. Einleitung ............................................................................................................................. 1 2. Definition „The third-­‐person-­‐effect“ .......................................................................... 2 2.1 Die Bedingung des TPE .......................................................................................................... 2 2.1.1 Wünschenswertigkeit der Werbebotschaft ........................................................................... 3 2.2 Demographische Einflüsse ................................................................................................... 3 2.2.1 Bildungsniveau, Soziale Distanz und Alter ............................................................................. 3

3. Fallbeispiel Masseneinwanderungsinitiative ......................................................... 4 3.1 Umfrage; Ist der TPE in dieser Initiative gegeben? ...................................................... 4 3.1.1 Ergebnisse der Umfrage ................................................................................................................. 5 3.1.2 Diskussion der Resultate ................................................................................................................ 6 3.2 Implikationen für die politische Meinungsbildung ..................................................... 7

4. Fazit ....................................................................................................................................... 9 III. Literaturverzeichnis .................................................................................................... III Anhang .......................................................................................................................................... V

I

II.

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Geschätztes Interesse für die Plakate ............................................................................ 5 Abbildung 2: Geschätzter Einfluss der Plakate auf die Meinungsbildung ................................. 6

II

1.

Einleitung Plakate wie „Masseneinwanderung stoppen – Masslosigkeit schadet“ (Schweizerische Volkspartei [SVP], 2013) rufen Erinnerungen an den 09. Februar 2014 wach. Je näher eine bundesweite Abstimmung rückt, desto mehr politische Werbeplakate mit Abstimmungsempfehlungen zieren unsere Strassen. Parteien lancieren Beträge von über einer Millionen Schweizerfranken für die Produktion und die Distribution von politischen Werbeplakaten (Hermann, 2012, S. 5). Der Einfluss solcher Plakate auf die Meinungsbildung der Schweizer stellt eine extrem komplexe und kaum messbare Herausforderung dar. Es stellt sich jedoch die Frage, wie die Schweizer Stimmbürger den Einfluss dieser Plakate auf die Abstimmungsergebnisse eigentlich einschätzen. Anhand des „third-­‐person-­‐effect“ (TPE) soll in dieser Arbeit am Fallbeispiel der Masseneinwanderungsinitiative visualisiert werden, wie das Schweizer Stimmvolk auf politische Werbung reagieren. Der TPE ist ein Wahrnehmungsphänomen, das von Davison entdeckt und publiziert worden ist (vgl. Davison, 1983). Der TPE beschreibt die Tendenz den Einfluss der Massenmedien auf sich selbst gegenüber Dritten zu unterschätzen. Grundsätzlich geht es also nicht darum, welche Wirkung die Massenmedien tatsächlich auf unsere Meinungsbildung haben.

Nach einer Einführung in die theoretischen Grundlagen des TPE wird am Fallbeispiel der Masseneinwanderungsinitiative mit einer Umfrage (n=20) überprüft, ob dieser Effekt bei politischer Werbung auftritt. Dieses Fallbeispiel eignet sich aufgrund seiner Aktualität und seiner Präsenz in den Köpfen der Befragten. Das „politische Werbeplakat“ wird als Medium verwendet, da es einheitlich in der ganzen Deutschschweiz verteilt worden ist. In der Umfrage wurde darauf geachtet, Menschen mit verschiedenen Altersgruppen und Bildungsniveaus zu befragen – die Herkunft der Befragten beschränkt sich jedoch auf die Kantone Zürich und St. Gallen. Im Anschluss werden die Konsequenzen dieses Effektes bei Werbeplakaten im Bezug auf politische Handlungen analysiert und im Rahmen dieser Arbeit interpretiert.

1

2.

Definition „The third-­‐person-­‐effect“

Davison (1983), der Entdecker des sozialpsychologischen Phänomens TPE, definierte den Begriff folgendermassen: „In the broadest formulation, this hypothesis predicts that people will tend to overestimate the influence that mass communications have on the attitudes and behavior of others“(S. 3). Davison stütze seine Vermutungen durch vier kleinere Studien, die allesamt zum Ergebnis kamen, dass Menschen den Einfluss der Medien auf Drittpersonen tatsächlich als grösser empfinden als auf sich selbst. Er hat zwar den ersten entscheidenden Schritt gemacht, um die Diskrepanz zwischen der Selbst-­‐ und der Fremdwahrnehmung zu untersuchen, dennoch werden seine Studien von zeitgenössischen Wissenschaftlern eher als anekdotische Beobachtungen gewertet. Die Existenz dieses Effektes wurde erst nach der Publikation seiner Theorie mit empirischen Studien bewiesen (Huck & Brosius, 2007).

Wenn der Begriff „third-­‐person effect“ etwas genauer unter die Luppe genommen wird, stellt sich unverzüglich die Frage wer mit der Drittperson bzw. third-­‐person angesprochen wird. „...its greater impact will not be on, „me“ or „you“, but on „them“ – the third-­‐persons...“(Davison, 1983, S.3) beschreibt Davison. Anhand von dieser Begriffserklärung wird klar, dass die grammatische dritte Person „them“ den „einfachen Bürger“ oder eine subjektiv gesehen „weniger gut informierte Person“ impliziert. Wir scheinen also eine innere Überzeugung zu haben, dass wir einen objektiveren und weniger beeinflussten Meinungsbildungsprozess durchlaufen als Drittpersonen. Dieser Ansatz ist sozialpsychologisch so interessant, weil selbst unter der theoretischen Voraussetzung, dass die Massenmedien uns überhaupt nicht beeinflussen, jedoch alle dies wechselseitig bei den anderen annähmen, die Medien trotzdem eine Wirkung auf uns hätten (Früh, 1991, S.89).

2.1 Die Bedingung des TPE Im Verlauf der letzten Jahre wurde bei empirischen Forschungen festgestellt, dass dieses Phänomen nur unter einer gewissen Bedingungen festgestellt werden kann. Dieses Kriterium hat sich in einer Vielzahl der Studien etabliert und gehört seitdem zur näheren Definition des Begriffes (Zillmann & Bryant, 2008, S.495-­‐497).

2

2.1.1 Wünschenswertigkeit der Werbebotschaft Der Inhalt der Werbebotschaft muss vom Betrachter als negativ gewertet werden (Zillmann & Bryant, 2008, S.495). Sobald dies der Fall ist, wird der Werbeempfänger den Einfluss dieser Werbung auf seinen Meinungsbildungsprozess gegenüber Dritten unterschätzen. Ein Gegenbeispiel visualisiert diese Gegebenheit noch etwas einleuchtender. Bei der Betrachtung von Zigaretten Präventionsplakaten kann dieser Effekt nicht festgestellt werden. Der Grund liegt im Kern der Werbebotschaft. Präventionen gegen das Rauchen werden von der Gesellschaft generell als positiv gewertet, was gegen die Voraussetzung des TPE verstösst. Am Beispiel einer Zigarettenprävention haben Henriksen und Flora (1999) nachgewiesen, dass bei einer positiven Werbebotschaft sogar die Umkehrung des Effektes auftritt – Menschen glauben, durch die Werbung mehr beeinflusst worden zu sein als Drittpersonen. Zum Beispiel glauben viele Kinder und Jugendliche die Werbebotschaft, die sie vom Rauchen abhalten soll, besser aufgenommen zu haben als andere in ihrem Alter. Die Umkehrung des Phänomens wird „reverse-­‐person-­‐effect“ oder auch „first-­‐person-­‐effect“ genannt.

2.2 Demographische Einflüsse In einer Vielzahl von Studien wurde der Einfluss von demographischen Hintergründen auf die Ausprägung des TPE belegt. Zu den am meisten untersuchten und somit auch wichtigsten Einflussfaktoren gehören das Bildungsniveau, die soziale Distanz und das Alter der Befragten (Arnold, 1997).

2.2.1 Bildungsniveau, Soziale Distanz und Alter Es konnte ein wesentlich stärker ausgeprägter Effekt nachgewiesen werden bei Menschen mit einem höheren Bildungsniveau (Zillmann & Bryant, 2008). Sie scheinen aufgrund ihres Wissens die „einfachen Bürger“ als bedeutend beeinflussbarer zu schätzen als sich selbst (S. 497). Es wäre also unter Umständen möglich, dass kein TPE nachgewiesen werden kann, wenn alle Befragten in etwa das gleiche Bildungsniveau haben und sich die Fragestellung nur auf sie selbst bezieht. Cohen, Mutz, Price und Gunther (1988, zit. in Zillmann & Bryant, 2008, S. 497) konnten aus ihren Forschungsergebnissen ableiten, dass die soziale Distanz zwischen der ersten Person „me“ und der dritten Person „them“ eine entscheidende Rolle spielt. Es ist im

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Vergleich naheliegender zu behaupten „andere Schweizer“ werden stärker von dieser Werbebotschaft beeinflusst als die „Mitstudenten an der HSG“. Man tendiert eher weniger dazu die Leute in Frage zu stellen, die einem sozial gleichgestellt sind. Je grösser also die soziale Distanz, desto ausgeprägter ist der TPE. Wenn die soziale Distanz der Befragten zu gering ist, könnte möglicherweise kein TPE festgestellt werden.

Brosius und Engel (1997, zit. in Huck & Brosius, 2007, S. 361) haben in ihrem Buch mit empirischen Studien bewiesen, dass mit erhöhtem Alter ebenfalls ein intensiverer TPE auftritt. Eine Erklärung für die veränderte Selbstwahrnehmung älterer Menschen wäre möglicherweise, dass einem die Lebenserfahrung ein zunehmendes Vertrauen gibt, Beeinflussungsversuchen zu wiederstehen (Perloff, 1993; Tiedge et al., 1991 zit. in Arnold 1997, S. 14).

3.

Fallbeispiel Masseneinwanderungsinitiative

Angesichts der steigenden Zuwanderung in die Schweiz hat sich die Schweizerische Volkspartei (SVP) im Februar 2014 für die Einführung einer jährlichen Höchstzahl für Zuwanderer stark gemacht. Ein knapper Sieg verschafften ihnen die 50,3 % Ja-­‐Stimmer (Bundesamt für Statistik [BFS], 2014). Das Interesse gilt in diesem Fallbeispiel aber den Werbeaktivitäten, welche die Parteien vor der Abstimmung getätigt haben. Die Ausgaben für Werbezwecke sind im Verlauf der letzten sieben Jahre kontinuierlich gestiegen (Hermann, 2012, S.5). Folglich stellt sich die Frage welches Potenzial das Schweizer Stimmvolk und die zuständigen Politiker in diesen politischen Werbeplakaten sehen.

3.1 Umfrage; Ist der TPE in dieser Initiative gegeben? Die Umfrage (n=20) wurde Leuten mit unterschiedlichen demographischen Hintergründen vorgelegt. Dem Teilnehmer wird ein Fragebogen vorgesetzt, der sowohl das Plakat der Befürworter der Initiative als auch das Plakat der Gegner aufführt. Die Fragestellung in der Umfrage beschäftigt sich insofern mit dem sozialpsychologischen Phänomen TPE, als die Fragen so gestellt sind, dass der Befragte einerseits den Einfluss der Plakate auf sich selbst und andererseits denjenigen auf Drittpersonen abschätzen muss. Damit im Anschluss eine Statistik erstellt werden kann, muss der Teilnehmer den

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Einfluss der Plakate auf einer 5-­‐Punkte-­‐Skala beurteilen (vgl. Anhang 1). Die Diskrepanz zwischen der Selbst-­‐ und der Fremdwahrnehmung soll anschliessend das Vorkommen dieses Effektes am Fallbeispiel der Masseneinwanderungsinitiative visualisieren und bestätigen. Die Umfrage ist in zwei Kernfragen gegliedert. Einerseits muss der Befragte beurteilen, ob die politischen Werbeplakate Interesse in ihm und seinen Mitbürgern wecken und andererseits muss er den Einfluss auf die politische Meinungsbildung abschätzen.

3.1.1 Ergebnisse der Umfrage

Die 20 Versuchspersonen wurden in der Abbildung 1 und Abbildung 2 auf der x-­‐Achse mit den Buchstaben a-­‐t gekennzeichnet. Die y-­‐Achse stellt die Punktzahl der 5-­‐Punkte-­‐
Skala
dar. Jedem Teilnehmer können in den Abbildungen 2 Punkte zugeordnet werden – einer auf der blaue und einer auf der roten Linie. Die zwei Abbildungen illustrieren die Ergebnisse der zwei Kernfragen der Umfrage.

5

eigenes Interesse

geschätzes Interesse von Drittpersonen

Punkte

4 3 2 1 a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Teilnehmer

Abbildung 1: Geschätztes Interesse für die Plakate

In Abbildung 1 wird aufgeführt, wie die Teilnehmer das Interesse der Bevölkerung für die Abstimmungsplakate verglichen mit dem eigenen einschätzen. 70% der Befragten haben das Interesse der anderen Stimmbürger im Vergleich mit sich selbst höher gewertet, was die Präsenz des TPE bestätigt. Weitere 25% der Teilnehmer haben das eigene Interesse an diesen Plakaten mit dem der übrigen Stimmbürger gleichgesetzt. Eine Ausnahme stellt die Versuchsperson b dar (5%), die als einzige den sogenannten „first-­‐person-­‐effect“ (vgl. Kapitel 2.1.1) vorweist.

5

geschätzer Einoluss auf sich selbst geschätzer Einoluss auf Drittpersonen

Punkte

5 4 3 2 1 a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Teilnehmer

Abbildung 2: Geschätzter Einfluss der Plakate auf die Meinungsbildung

Abbildung 2 visualisiert die Wertung der Befragten über den Einfluss der Plakate auf ihre individuelle Meinungsbildung und auf den von Drittpersonen. Bei dieser Fragestellung wurde der TPE von allen 20 Versuchspersonen bestätigt.

3.1.2 Diskussion der Resultate Der TPE wurde in beiden Fragestellungen bestätigt, da in beiden Grafiken der geschätzte Einfluss auf sich selbst – blaue Linie – durchschnittlich deutlich unter der roten Linie liegt. Bei der genaueren Betrachtung von Abbildung 1 und Abbildung 2 fällt auf, dass die Diskrepanz zwischen der Selbst-­‐ und der Fremdwahrnehmung in Abb. 2 deutlich grösser ist. Es existieren verschiedene plausible Erklärungsansätze für die grosse Diskrepanz zwischen Abbildung 1 und Abbildung 2. Ein möglicher Grund für den beträchtlichen Unterschied wäre, dass die Befragten den Einfluss der Werbeplakate auf ihre Meinungsbildung als negativer werten, als das Interesse für die Plakate. Denn bekanntlich gilt: Je negativer die Werbebotschaft, desto stärker ausgeprägt ist der TPE (Zillmann & Bryant, 2008, S.495).

Die Versuchsteilnehmer wurden so in der Grafik angeordnet, dass die ersten 10 Teilnehmer (a-­‐j) unter 25 Jahre alt und die zweite Hälfte der Befragten (k-­‐t) über 25 Jahre alt sind. Da demographische Hintergründe den TPE beeinflussen können, wurde die Intensität des Effektes der beiden Altersgruppen miteinander verglichen. Die Differenz zwischen der Selbst-­‐ und der Fremdwahrnehmung in Abb. 2 liegt bei den unter 25-­‐jährigen durchschnittlich bei 2.6 Punkte. Die Teilnehmer, die bereits älter als 25 sind, haben Differenz von 2.8 Punkten vorgewiesen. Diese Umfrage bestätigt folglich, dass Mensch mit zunehmendem Alter einen höheren TPE aufweisen. Dieses Ergebnis

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wird durch empirische Forschungen von Brosius und Engel (1997, zit. in Huck & Brosius, 2007, S. 361) unterstützt.

Vergleichbare

Resultate

wie

bei

den

politischen

Werbeplakaten

zur

Masseneinwanderungsinitiative wurden bei kommerziellen Werbeplakaten signifikant nachgewiesen (Dahlén et. al., 2013). Die Versuchsreihe fand in Norwegen und Schweden statt. Diese beiden Länder eignen sich aufgrund der langjährigen Rivalität zwischen einander. Die Forscher haben zwei verschiedene Puma Werbeplakate (A und B) so konzipiert, dass auf dem einen ein Läufer mit einem schwedischen Trikot demjenigen mit dem norwegischen vorauseilt (A) und auf dem zweiten genau die umgekehrte Situation stattfindet (B). Beide Plakate trugen die Aufschrift „Keep your friends close, and your enemies even closer“ (Dahlén et al., 2013, S. 1829). Vier Versuchsgruppen erhielten die Plakate. In Schweden wurde eine Gruppe mit dem Plakat A konfrontiert und mussten auf einer 7-­‐Punkte-­‐Skala bewerten, wie fest sich die Norweger durch dieses Plakat angegriffen fühlen. Die zweite, schwedische Gruppe erhielt das Plakat B und musste bewerten, wie fest sie sich durch dieses Plakat angegriffen fühlen. Die Forschungsergebnisse haben signifikant nachgewiesen, dass auch hier jeweils die Anstössigkeit von Werbeplakaten gegenüber Dritten im Vergleich mit der eigenen überschätzt wird.

3.2 Implikationen für die politische Meinungsbildung

Mit der Bedeutung des TPE in politischen Fragen haben sich Brosius und Engel (1997) auseinandergesetzt. „Politiker [können] den Einfluss, den ein gegen sie selbst gerichteter Medienbericht auf andere hat, überschätzen und sich infolgedessen aus der Politik zurückziehen, obwohl die tatsächliche Resonanz auf den negativen Bericht nur gering ausfiel“ (Brosius & Engel, 1997, S. 325, zit. in Huck & Brosius, 2007, S. 356). Wie die beiden Forscher festgestellt haben spielt die Meinung von Drittpersonen – in der Politik sind die Stimmbürger gemeint – eine entscheidende Rolle für das weitere Handeln. Wenn nun die Medieneinflüsse auf die Stimmbürger überbewertet werden, kann dies zu falschen oder sinnlosen Handlungen führen (Gunther & Christen 2002 zit. in Marcinkowski & Pfetsch, 2009, S. 478). Dewberry (2014) belegt mit einer Studie über die „behavioral component of the TPE“, dass Aktionen von Politikern im Zusammenhang mit Medieneinflüssen eine Art „Beschützerinstinkt“ sind. „...those who perceive that the

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media have a greater effect on others will take some action, which is based on a need to protect others...“ (S. 281). Mit dieser Zitation wird die Relevanz des TPE in politischen Fragen verständlich. Je grösser also ein Politiker den Einfluss von sozial unerwünschten Botschaften auf das Stimmvolk einschätzt, desto mehr engagiert er sich, diese davor zu beschützen. Ein Beispiel für eine mögliche Aktion, die Politiker in Folge eines überschätzen Einflusses auf Drittpersonen vornehmen, sind Zensuren. Bei Fernsehsendungen wird oftmals über das Ausmass von Gewalt oder pornographisch angelegten Beiträgen diskutiert. Sollen Zensuren Kinder und Jugendliche vor negativen Einflüssen hüten? Die Frage bringt eine etwas komplexere Antwort mit sich, da sich Politiker wegen den wissenschaftlichen Grundlagen des TPE fragen sollten, ob sie Zensuren effektiv eine effiziente Methode zum Schutz der Kinder ist oder ob sie nur ihren überschätzen Einfluss auf Drittpersonen wiederspiegeln.

Politiker zählen es offensichtlich zu ihren Kernaufgaben, das vermeintlich von Medien beeinflusste Volk zu schützen, indem sie zum Beispiel solche Medieneinflüsse öffentlich kommunizieren. Hitzige Diskussionen über die Abstimmungsplakate sind ebenfalls bei der Masseneinwanderungsinitiative entfacht, aus Angst, dass die „einfachen Bürger“ von den Plakaten beeinflusst werden könnten. „In der Vergangenheit hat es die SVP regelmässig verstanden, in Abstimmungs-­‐ und Wahlkampagnen durch gezielte Provokationen eigene Akzente zu setzen und dadurch die Entscheidungskriterien der StimmbürgerInnen zu ihren Gunsten zu beeinflussen“ (Bernahrd, Interview, 24. Januar 2014). Sobald Politiker den Einfluss der Werbeplakate auf die Meinungsbildung der Bevölkerung kommunizieren entsteht eine interessante Meta-­‐Berichterstattung über politische Medienwirkung. Diese öffentlichen Berichterstattungen werden nämlich insofern selbst zum Einflussfaktor, als jedem Zuhörer das Gefühl vermittelt wird, aufgeklärter zu sein als Drittpersonen. Diese Gegebenheit führt schliesslich zu einem noch stärker ausgeprägten TPE (Marcinkowski & Pfetsch, 2009, S. 478).

Dewberry (2014) hat mit einer Studie über den TPE im US Kongress für zukünftige Forschungsansätze gesorgt. Er hat erkannt, dass die Drittpersonen ein komplexeres Bild abgibt als bisher angenommen. Aufgrund einer Analyse von einer Diskussion über die Zensur von pornographischem Material im Internet im US Kongress ergaben sich verschiedene Definitionen von Drittpersonen. Der Wille Kinder vor solchen Einflüssen

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zu schützen, kann aus der Perspektive eines Vaters oder aber auch aus der Perspektive eines Pädagogen betrachtet werden. Diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen bringen ein weit komplexeres Bild und zugleich Material für neue Forschungsansätze mit sich.

4.

Fazit

Am Fallbeispiel der Masseneinwanderungsinitiative ist es in dieser Arbeit gelungen die Präsenz des TPE bei der Betrachtung politischer Werbeplakate in der Schweiz zu bestätigen. Es wurden ebenfalls die demographischen Einflüsse in die Umfrage mit eingebunden. Obwohl die Umfrage mit 20 Versuchsteilnehmern in einem kleinen Rahmen stattgefunden hat, wurde die Hypothese neben den Umfrageergebnissen mit weiteren Quellen und empirischen Studien belegt. Dahlén et al. (2013) haben nachgewiesen, dass bei kommerziellen Werbeplakaten ein TPE vorzufinden ist. Es

wurde weiter mit empirischen Daten aus der Fachliteratur und im Rahmen dieser Arbeit belegte, dass das Alter der Befragten die Ausprägung des TPE beeinflusst.

Mit den Resultaten von anderen Studien wurde in Verbindung mit der Masseneinwanderungsinitiative die Relevanz des TPE untersucht. Eine wichtige Erkenntnis, die ebenfalls auf das Fallbeispiel in der Arbeit angewendet wurde, war der Einfluss des TPE auf politische Handlungen – „the behavioral component“. Es gilt zu hinterfragen wovon politische Aktionen beeinflusst werden. Sind sie nur auf den Politiker als Beschützer des naiven Volker zurückzuführen oder handelt es sich bei politischen

Aktionen

um

strukturell

entwickelte

Entscheidungen?

9

III.

Literaturverzeichnis Arnold, M. (1997). Der Dritte-­‐Person-­‐Effekt in der Werbung (Diplomarbeit, Justus-­‐Liebig-­‐
Universität
Giessen). Abgerufen von http://www.diplom.de/e-­‐book/219112/der-­‐ dritte-­‐person-­‐effekt-­‐in-­‐der-­‐werbung Bundesamt für Statistik [BFS]. (2014) Volksinitiative Gegen Masseneinwanderung. [Bericht] Abgerufen von http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen /17/03/blank/key/2014/013.html Brosius, H., Engel, D. (1997) Die Medien beeinflussen vielleicht die anderen, aber mich doch nicht’: Zu den Ursachen des Third-­‐Person-­‐Effekts. Publizistik, 42, 325-­‐345.

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Früh, W. (1991). Medienwirkungen: Das dynamisch-­‐transaktionale Modell. Theorie und empirische Forschung. [Adobe Digital Editions version]. http://dx.doi.org/10.1007/978-­‐3-­‐663-­‐10777-­‐4

III

Henriksen, L. Flora, J. A. (1999). Third-­‐person perception and children. Perceived impact of pro-­‐ and anti-­‐smoking ads. Communication Research, 26, 643-­‐665. Abstract abgerufen von http://crx.sagepub.com/content/26/6/643.abstract

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Huck, I. (2007). Der Third-Person-Effekt. Über den vermuteten Einfluss der Massenmedien. Publizistik, 52, 335-­‐374.

Marcinkkowski, F., Pfetsch B. (2009). The dynamics of political institutions in mediated democracies: political bargaining and the transformation of the public sphere [Sonderheft]. Politik in der Mediendemokratie. Politische Vierteljahresschrift, 42, 11-­‐
33.

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IV

Anhang Anhang 1

Lieber Teilnehmer/-­‐in

Bei der folgenden Umfrage gibt es kein „richtig“ oder „falsch“. Ich bitte Sie die Fragen intuitiv zu beantworten.

Alter:

________________________ Geschlecht: ________________________ Beruf:

________________________

Ich habe bei der Masseneinwanderungsinitative...

JA gestimmt

NEIN gestimmt

Plakat 1

Plakat 2

Betrachten Sie die beiden Plakate und machen Sie sich kurz einige Gedanken dazu!

Trifft Trifft zum Unentschieden Trifft Trifft überhaupt Teil zu

ziemlich zu absolut zu

nicht zu

Ich interessiere mich

generell gesehen für solche Plakate.

Schweizer Stimmbürger

werden von diesen Plakaten beeinflusst.

Ich denke dass, sich Schweizer Stimmbürger für solche Plakate interessieren.

Ich werde bei meinen

Entscheidungen von solchen Plakaten beeinflusst.

Ich danke Ihnen herzlich für die Teilnahme!

V

Eigenständigkeitserklärung

Ich erkläre hiermit,

• dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig ohne fremde Hilfe (Lektorat, Übersetzungsdienstleister etc.) und ohne Verwendung anderer als der angegeben Hilfsmittel verfasst habe;

• dass ich sämtliche Quellen erwähnt und gemäss gängigen wissenschaftlichen Zitierregeln korrekt zitiert habe;

• dass das Thema, die Arbeit oder Teile davon nicht bereits Gegenstand eines Leitungsnachweises einer anderen Veranstaltung oder Kurses war; sofern dies nicht ausdrücklich mit dem /der Dozierenden im Voraus vereinbart wurde; • dass meine Arbeit elektronisch auf Plagiate überprüft werden kann

Céline Stalder (19'139)

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