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The Basic Research in Innovation

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Words 14856
Pages 60
WS 2013-14






MSc gEF Wirtschafts- und Unternehmensethik
MSc kEF Management-Ethik
MSc aZF Ethik (HMwL)
Modul im SPF Management

Management
Ethik
Prof. Dr. Michael Schramm schramm@uni-hohenheim.de Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

zwei zentrale Begriffe vorab
1.

Kontingenz in Managemententscheidungen bedeutet so viel wie „Ungewissheit“, hier: Ungewissheit der betriebswirtschaftlichen
Folgen von managementethischen Vorleistungen
Beispiel 01: Die Versenkung der Brent
Beispiel 02: Korruption bei Siemens

2.

Polydimensionalität von Managemententscheidungen
Während der „Markt“ nur eine Dimension wahrnimmt
(nämlich ökonomische Preissignale), sind Management-Transaktionen in Unternehmen immer polydimensional: ökonomisch + juristisch + ethisch

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Agenda
Intro
1. (Legal) Compliance & (Organizational) Integrity.
Zwei managementethische Konzepte
2. Was ist eigentlich (Management-)Ethik?
3. Corporate Social Responsibility
4. Management-Ethik – Macro or Micro Approach?
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
Outro: Markets & Morals

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

(Detail)Agenda Kapitel 5
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
5.1 „Transaction Ethics“. Das Grundkonzept
5.2 Die Fairness des Produktpreises
5.3 Management von Korruptions-Rhizomen
5.4 The Extended „Going Concern“:
Stakeholder-Kooperationen &
Nachhaltigkeitsmarketing
5.5 Verantwortungsmanagement „auf deutsch“ ?
5.6 Markt, Macht & Moral

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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(1) Texte & Übungsaufgaben; Modulleistung

01

Diese Box bedeutet: Text(e) & Übungsaufgabe(n) No. 01.

Die TÜ können sie hier downloaden: https://www.uni-hohenheim.de/wirtschaftsethik/ME_2013-14_downs.html (2) Modulleistung
• Prüfungsstoff: ausgewählte Folien; Texte & Übungsaufgaben
• Das Modul „Management-Ethik“ ist eine Studienleistung, die normalerweise als MDL abgeprüft wird.
Sie können sich direkt über den Lehrstuhl für einen der (Wahl)Termine entscheiden. Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Agenda
Intro
1. (Legal) Compliance & (Organizational) Integrity.
Zwei managementethische Konzepte
2. Was ist eigentlich (Management-)Ethik?
3. Corporate Social Responsibility
4. Management-Ethik – Macro or Micro Approach?
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
Outro: Markets & Morals

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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 Fallbeispiel:
Am 8. Mai 2009 war es so weit: Der „erste Spatenstich“ im weiteren Ausbau des Frankfurter Flughafens
(zunächst: der 2.800 m langen Landebahn Nordwest) wurde feierlich vollzogen.
Der Ausbau war bereits 1997 von Wilhelm Bender (bis 2009
Vorstandsvorsitzende der Fraport AG) gefordert worden. Ablauf:
• „erster Spatenstich“ (08.05.2009)
• Inbetriebnahme Landebahn NordWest (20.10.2011)
• Inbetriebnahme Flugsteig A-Plus (10.10.2012)
• Terminal 3 (vermutlich bis 2018)

In Bezug auf die Management-Ethik ist der Ausbau durch Fraport in zweifacher Hinsicht relevant:

(I): Ausbau Ja oder Nein?
Wie schon beim Bau der Startbahn West (1984 fertiggestellt) gab es auch um die Landebahn Nordwest jahrelange Auseinandersetzungen mit Anwohnern und ÖkoAktivisten.
• Auf der einen Seite verwies Fraport auf das steigende Verkehrsaufkommen (2010: ca. 465.000
Flugbewegungen / Jahr; 2020: ca. 710.000).

Von

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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• Auf der anderen Seite wurde (am 20.01.2009 begonnene) Rodung von ca. 216 ha des
Kelsterbacher Waldes sowie vor allem die
Lärm- und Abgasbelastung für die
Anwohner kritisiert.
Nachdem der Ausbau nicht zu stoppen war, konzentrierte sich der Protest auf ein
Nachtflugverbot:

Und am 4. April 2012 hat das Bundesverwaltungsgericht das Start- und
Landeverbot zwischen 23.00 bis 5.00 Uhr bestätigt.

Die erste management-ethische Frage lautet:
Wessen Interessen sollte bei dieser Managemententscheidung
Rechnung getragen werden bzw. der Vorzug gegeben werden?
Anm.: Gerechtigkeitstheoretisch könnte man hier das
Gedankenexperiment von John Rawls („original position“) verwenden. 10

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

(II): Ausbau Wie?
WerteManagementsystem gegen Korruption
Mit über 3 Mrd. € ist der Ausbau (Landebahn Nordwest + Terminal 3) eines der größten Investitionsprojekte Deutschlands. „Diese enormen Beträge setzen Begehrlichkeiten frei“ (www.fraport.de); konkret: Einen solchen Ausbau bringt man angesichts der äußerst korruptionsanfälligen Baubranche nur sehr schwer ohne Korruption über die Bühne.
Nach Korruptionsskandalen beim Bau des Terminals 2 (1990er Jahre) und beim Terminalprojekt Piatco im philippinischen Manila, an dem
Fraport beteiligt war (1999 bis 2002), betrieb der damalige CEO Wilhelm Bender mit Otto Geiß
(Leiter der Stabsabteilung Revision) und dem
Unternehmensethiker Josef Wieland die
Installation eines WerteManagementsystems, das den Umgang mit
„Geschenken und
Zuwendungen“
(= Korruption) steuern soll. Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Zur Begründung schreibt CEO Wilhelm Bender:
„Die Folgen möglicher illegaler und unmoralischer Praktiken sind in wirtschaftlicher Hinsicht erheblich, die Wettbewerbsfähigkeit wird beeinträchtigt und die Reputation des Unternehmens, einschließlich aller Mitarbeiter, leidet nachhaltig.
Die Einführung eines WerteManagementsystems folgt der Einsicht, dass illegale und unmoralische Handlungsweisen weder mit dem
Strafrecht noch mit einem dichten Kontrollsystem alleine verhindert werden können. Wir benötigen zusätzlich zur
Prävention klar vereinbarte und systematisch mit Leben erfüllte moralische Standards“

(Fraport AG (oJ); Wertemanagementsystem, http://www.fraport.de/cms/nachhaltigkeit/dokbin/31/31307.praesentation_wertemanagement.pdf). • So wird etwa die „Rechtstreue der Mitarbeiter“ verlangt (S. 4).
• „Korruption lehnen wir in jeder Form ab“ (S. 5).  „Gibt‘s bei uns nicht“.
• „Innerhalb der Fraport AG gilt ein generelles Verbot, die folgenden
Zuwendungen anzunehmen [...]: Sachwerte und sonstige Werte
[...], sofern der Wert der Geschenke die jeweilige steuerliche
Höchstgrenze (zurzeit 35 Euro) überschreitet“ (S. 9). Anm: heute 40 €
[In schwierigen Fällen:
„Annehmen und spenden!“]

Clemens von Stockert
Wertemanager Fraport AG

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Über diese allgemeinen Regeln hinaus sind neben Schulungen usw. vor allem auch Ansprechpartner für den Geschäftsalltag wichtig:

Die Selbstbindung des Unternehmens an das WerteManagementsystem wurde mit Beginn der Bauarbeiten noch einmal durch den neuen
Vorstand (insbesondere
CEO Stefan Schulte) bekräftigt: […]

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Agenda
Intro
1. (Legal) Compliance & (Organizational) Integrity.
Zwei managementethische Konzepte
2. Was ist eigentlich (Management-)Ethik?
3. Corporate Social Responsibility
4. Management-Ethik – Macro or Micro Approach?
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
Outro: Markets & Morals

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Unternehmensintegrität muss aktiv gemanagt werden.
Man kann nicht realistischerweise erwarten, dass moralische Werte auch tatsächlich im Geschäftsalltag zur Geltung kommen, wenn man die einzelnen Mitarbeiter mit den Moralproblemen „alleine lässt“.
Vielmehr muss das WerteManagement in den
Organisationsstrukturen verankert = aktiv gemanagt werden:
„Man muss sie [die Werte] managen, damit sie überhaupt wirken können. Denn wenn sie nur auf dem Papier stehen, wenn da nur lauwarme Versprechungen bei Festansprachen gehalten werden, das nutzt ja nichts. [...] Dazu muss man dann in einem
Unternehmen entsprechende Verfahren, Prozesse,
Instrumente, aber auch Vorbildcharakter usw. haben. [...]
Wer tatsächlich möchte, dass Ethik gelebt wird in Unternehmen, der muss das [...] an die Managementverfahren anbinden. Andere
Möglichkeiten gibt es nicht“ (Josef Wieland 2008

http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=3226422).

Bloße WerteRhetorik ohne WerteManagement hat gar keine
Steuerungsfähigkeit, und auch eine individualistisch enggeführte
Moral kommt gegen ein doloses (z.B. korruptes) Umfeld nicht an.

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TÜ In ihrem bahnbrechenden Aufsatz „Managing for
01 Organizational Integrity“ hat Lynn Sharp Paine 1994

zwei entscheidende Punkte zur Management-Ethik deutlich gemacht:
(Paine, Lynn Sharp (1994): Managing for Organizational Integrity, in: Harvard Business Review, vol 72, pp. 106 - 117)

1.1 „Organizations Shape Individual‘s Behavior“
Zunächst erklärt sie in einem ersten Schritt, dass Moralprobleme in
Unternehmen nicht nur eine Sache der einzelnen Individuen sind.
„Many managers think of ethics as a question of personal scruples, a confidential matter between individuals and their consciences. […]
Ethics, after all, has nothing to do with management“ (p. 106).

Es lässt sich aber unschwer zeigen, dass die vom Management produzierten Organisationsstrukturen das Verhalten der einzelnen
Mitarbeiter beeinflussen (im moralisch positiven wie negativen Sinn):
„Organizations Shape Individual‘s Behavior. The once familiar picture

of ethics as individualistic, unchanging, and impervious to organizational influences has not stood up to scrutiny in recent years“ (p. 107).

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 Fallbeispiel:

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(1992)

Nachdem die Sears Auto Center (von Sears,
Roebuck & Company) in der 80er Jahren rückläufige Umsätze zu verzeichnen hatten, versuchte das Management u.a. mit
• verpflichtenden Arbeits- (für Mechaniker) und Verkaufsquoten (für
Kundenberater)
• und einer Reduzierung der Arbeitszeit im Fall von verfehlten Arbeitsoder Verkaufsquoten eine Wiederbelebung der Umsätze zu erzielen.
Da es das Management jedoch versäumte, die die Grenze zwischen überflüssigem
„Service“ und legitimer präventiver
Instandhaltung zu klären, war es nicht erstaunlich, dass 1992 eine Untersuchung des BAR (California Department of
Consumer Affairs, Bureau of Auto Repair) zum Ergebnis kam, bei Sears würden überflüssige Reparaturen durchgeführt.
Im Rahmen einer gerichtlichen Klärung einigte man sich schließlich u.a. darauf, dass jeder, der zwischen 1990 und 1992 bestimmte Autoservices bezahlt hatte, in Form von 50-$-Coupons kompensiert werden musste (Gesamtkosten ca. $
60 Mio.).

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Der Punkt ist: Es waren weder nur Fehltritte einzelner Individuen noch direkte Betrugsabsichten des Managements, sondern vielmehr mehrere organisatorische Faktoren, die zu dieser ökonomisch kostenintensiven und ethisch inakzeptablen Situation geführt hatten.
„In fact, ethics has everything to do with management. […] Managers who fail to provide

proper leadership and to institute systems that facilitate ethical conduct share responsibility with those who conceive, execute, and knowingly benefit from corporate misdeeds“ (p. 106).

 Es bedarf eines Management of Ethics.
Auch der damalige CEO von Sears,
Edward Brennan, räumte hinterher ein, Anreize gesetzt zu haben, die

„created an environment in which mistakes did occur“ (p. 108).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Um für die Unternehmen positive Anreize zu setzen, u.a. in ein solches WerteManagementSystem zu investieren, wurde in den
USA bereits 1991 ein Unternehmens-Strafrecht installiert:
Diese „Federal Sentencing Guidelines” (1991) „recognize for the first time the organizational and managerial roots of unlawful conduct” (Paine 1994, p. 106).

• Zunächst wird dem Vergehen eine Zahl zugeordnet wird (das base offense level), die die
Schwere des Delikts und damit die Höhe der (ziemlich hohen) base fine bestimmt.

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

• Dann wird der culpability score ermittelt, der die unternehmensinternen Umstände der Straftat berücksichtigt (0 bis 10 Punkte;
Start bei 5).
Hat sich das Unternehmen beispielsweise selbst angezeigt oder weist es ein
Ethikprogramm nach
(= mitigating factors), sinkt der score, bei Behinderung der Justiz steigt er.

• Schließlich wird der fine multiplier (= Spielraum des Gerichts) festgelegt, der die tatsächlich zu zahlende Strafe bestimmt.

Die schlussendlich zu zahlende Strafe kann also bei nur 5% oder aber bei 400% der base fine liegen. Damit haben die Unternehmen nun einen starken Anreiz zu präventiven Maßnahmen in
Richtung eines WerteManagementsystems.

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Base Fine = 13,7 Mio. $
Paine, Lynn Sharp (1994): Managing for Organizational Integrity, in: Harvard Business Review, vol 72, pp. 106 – 117, p. 110.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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1.2 Compliance- & Integrity Approach
In einem zweiten Schritt führt Paine die unternehmensethische
Unterscheidung von „compliance-based ethics programs“ und
„integrity-based approach to ethics management“ (p. 106), also von
(Legal) Compliance & (Organizational) Integrity ein:
1.2.1 (Legal) Compliance
„[T]he goal of these programs [= compliance programs] is to prevent, detect, and punish legal violations […], avoiding illegal practice“ (1994, p. 106).
Motto: „if it‘s [un]legal, it‘s [un]ethical“ (Lynn Sharp Paine (1997): Cases in Leadership, Ethics, and Organizational Integrity. A Strategic Perspective, Boston (Mass.) et al.: Irwin
McGraw-Hill, p. 91).

Paine (1994) definiert „compliance“ also als Gesetzestreue, eben als „legal compliance“ (= Übereinstimmung mit staatlichen Gesetzen).
Heute wird Compliance bisweilen auch weiter gefasst, aber eigentlich ging es bei Compliance immer nur um die Gesetzestreue (als dem Gegenteil von Wirtschaftskriminalität).

Organisatorisch wird hier meist ein Compliance Officer in einer
Compliance-Abteilung eingesetzt, um die Rechtskonformität zu verbessern. Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Was das konkrete Compliance-Management anbelangt, so arbeiten reine Compliance-Programme mit einem System
• der Aufklärung über Gesetzesvorschriften,
• der präventiven Überwachung und
• der Sanktionierungen.
Typisch sind: Vier-Augen-Prinzip, Dokumentationswesen, regelmäßige
Stichproben, Revision, Vorschriften usw..

Aber:
1. Die Compliance-Strategie reicht nicht aus.
So wird z.B. das Vier-Augen-Prinzip oftmals nicht wirklich durchgeführt, oder es werden die Grauzonen nicht nachhaltig erfasst.

2. Die Compliance-Strategie kann kontraproduktiv wirken.
• Bloße Strategien betrieblicher Kontrollen gehen oftmals auf Kosten der Flexibilität
• und einer produktiven Atmosphäre (sie passen nicht zur erwünschten
Firmenidentifikation).
• Zudem treffen Kontrollverschärfungen nach der Aufdeckung von Vorfällen zunächst die verbleibenden „unschuldigen“ Mitarbeiter, also die Falschen.

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Insgesamt bleibt „auch das dichteste Regel- und
Kontrollwerk [...] immer lückenhaft. Mehr bürokratische Strukturen schränken [...] die
Handlungsfreiräume der Beschäftigten ein und werden leicht als demotivierendes
Misstrauenssignal empfunden“ (Bettina Palazzo 2001a,
S. 49).

1.2.2 (Organizational) Integrity
„In integrity-based companies, primary emphasis is placed not on preventing wrongdoing but on supporting responsible behavior“ (Paine 1997, p. 93).
„[E]thics is conceived more robustly as a set of values to guide rather than just constrain behavior“

(ibd.).

Dieses anspruchsvollere Ziel einer Unternehmens-Integrity ergibt sich aus der Erfahrungstatsache, dass reine Compliance-Programme einfach nicht effizient genug sind und dass es weiterführender
Integrity- oder WerteManagement-Programme bedarf.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

„Die Einführung eines WerteManagementsystems folgt der Einsicht, dass illegale und unmoralische
Handlungsweisen weder mit dem Strafrecht noch mit einem dichten Kontrollsystem alleine [= Compliance] verhindert werden können. Wir benötigen zusätzlich zur
Prävention klar vereinbarte und systematisch mit
Leben erfüllte moralische [= Integritäts]Standards“.
(Fraport AG (oJ); Wertemanagementsystem, http://www.fraport.de/cms/nachhaltigkeit/dokbin/31/31307.praesentation_wertemanagement.pdf). So ist zum Beispiel Frau Dr. Christine HohmannDennhardt seit 2011 als Vorstandsmitglied bei der
AG verantwortlich für das Ressort
„Integrität und Recht“ [= Compliance].
„While compliance is rooted in avoiding legal sanctions, organizational integrity is based on the concept of selfgovernance in accordance with a set of guiding principles. From the perspective of integrity, the task of ethics management is to define and give life to an organization’s building values, to create an environment that supports ethically sound behavior, and to instill a sense of shared accountability among employees“ (Paine 1994, p. 111).

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Der – ansonsten reichlich moralisierend argumentierende –
Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann hat gleichwohl Recht, wenn er schreibt: „Organisatorisch gesehen bedeutet Integrity [...] die
Öffnung der Organisation für ethische Einsichten,
Compliance hingegen die Schließung der
Organisation für ethisch verfehlte
Handlungsoptionen“.
(Thielemann, Ulrich (2005): Compliance und Integrity - Zwei Seiten ethisch integrierter Unternehmenssteuerung.
Lektionen aus dem Compliance-Management einer Großbank, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik
(zfwu) 6 (1/2005), S. 31 - 45, hier: 37).

„Entscheidend ist immer die Bereitschaft der
Mitarbeiter, sich auch dann an die Regeln zu halten, wenn mal keiner hinschaut“
(Bettina Palazzo 2001a, S. 49), und dies gelingt nur durch eine integre
Unternehmensatmosphäre.
 integrity-based approach to ethics management

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Paine, Lynn Sharp (1994): Managing for Organizational Integrity, in: Harvard Business Review, vol 72, pp. 106 – 117, p. 113.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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1.3 Tools für ein IntegritätsManagement (WerteManagement)
Wie gesagt: Unternehmensintegrität muss aktiv gemanagt werden. Konkretisiert wird dies im WerteManagementSystem
(WMS) von Josef Wieland.
„Wertemanagementsysteme sind firmenspezifische Instrumente, die darauf abstellen, die moralische Verfassung eines Teams oder einer
Organisation und deren Leitwerte zu definieren und in der alltäglichen
Praxis mit Leben zu erfüllen“ (Josef Wieland).
(2004): Wozu Wertemanagement? Ein Leitfaden für die Praxis, in: ders. (Hg.): Handbuch Wertemanagement, Hamburg: Murmann, S. 13 - 52, hier: S. 23).

(Erläuterung weiter unten)

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Exkurs: Werte
.

Zu Beginn des Mannesmann-Prozesses (Januar 2004) begann, sorgte der mitangeklagte Josef Ackermann nicht nur mit dem V(ictory)Zeichen für Aufsehen, sondern auch mit der Aussage:
„Das ist das einzige Land, wo diejenigen, die erfolgreich sind und Werte schaffen, deswegen vor Gericht stehen“
(Josef Ackermann 2004; zit. Nach Hetzer / Papendick 2004, S. 100).
Das Wort „Werte“ steht hier natürlich für ökonomische Werte (Stichwort dazu:
Shareholder value).
Abgesehen von den Hintergründen der involvierten ökonomischen Werte – Abgesehen von den
Hintergründen der involvierten ökonomischen Werte
– es fällt auf, dass Ackermanns Hinweis auf ökonomische Werte im Umfeld eines Prozess erfolgte, in dem er unter anderem wegen
Verletzung moralischer Werte (Angemessenheit oder Gerechtigkeit von Prämienzahlungen;
Transparenz usw.) angeklagt worden war.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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TÜ (1) Das Leben ist bunt. Oder: Es gibt unterschiedliche „Werte“
02

(1.1) Das Wort „Wert“ hatte im Deutschen ursprünglich (im Ahd.) eine ausschließlich ökonomische Bedeutung:

Köbler, Gerhard (1993): Althochdeutsches Wörterbuch, 4. Auflage, S. 198. Online: http://www.koeblergerhard.de/ahdwbhin.html

(1.2) Eine Ausweitung des Begriffs auf den ethischen Bereich erfolgt dann u.a. bei dem Philosophen Immanuel Kant, der zwischen
„relativem Werth“ (ökonomisch: „Preis“) und
„absolutem Werth“ (ethisch: „Würde“) unterschied:
Eine Person „hat nicht bloß einen relativen Wert, d.i. einen
Preis, sondern einen innern Wert, d.i. Würde“, einen
„unbedingten, unvergleichbaren Wert“ (I. Kant 1785).
(1974): Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Weischedel, W. (Hg.): Immanuel Kant. Werkausgabe VII, Frankfurt (M.),
S. 7 – 102, hier: S. 68).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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(1.3) Die ökonomische Variante dieses Unterschieds zwischen
„Wert“ und (Markt-)„Preis“ wurde in der „politischen Ökonomie“ diskutiert („objektive Wertlehre“ vs. „subjektive Wertlehre“).
Adam Smith vertrat (noch) eine „objektive (Arbeits)Wertlehre“:
„Bedarf es beispielsweise in einem Jägervolk gewöhnlich doppelt so vieler Arbeit, einen Biber zu töten, als einen
Hirsch zu erlegen, sollte natürlich im Tausch ein Biber zwei
Hirsche wert sein“ (Adam Smith 1776).
(1776 / 1978): Der Wohlstand der Nationen. Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen (hg. v. H. C.
Recktenwald), München: dtv, S. 42.

Karl Marx hat diese „objektive Wertlehre“ in seiner
„Arbeitswertlehre“ zu einem Grundpfeiler seiner ganzen Kapitalismustheorie gemacht:
„Es ist also nur das Quantum gesellschaftlich notwendiger Arbeit oder die zur Herstellung eines
Gebrauchswerts [eines Gutes] gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, welche seine [eigentliche, wahre]
Wertgröße bestimmt“ (Karl Marx 1867).
(1867 / 1988): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, Bd. 1 (Marx-Engels-Werke 23), Berlin: Dietz, S. 54.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Im Grunde ging es hier um die Frage nach einem ethisch
„gerechten Preis“ (= um den „eigentlichen“ Wert eines
Produkts und der Arbeit).
Diese Debatte verlief aber weitgehend im Sande, und man beließ es dann pragmatisch beim Marktpreis bzw. bei der „subjektiven
Wertlehre“ – auch in der Wirtschaftsethik:
„Maßstab für die gesellschaftliche Bewertung eines Gutes ist nicht mehr die – extern feststellbare – Arbeitszeit, die zur Herstellung eines Guts gewöhnlich benötigt wird, sondern der Nutzen [= der subjektive Wert], den es dem
Individuum [= dem nachfragenden Subjekt] stiftet“
(Karl Homann).
Homann, Karl (1988): Rationalität und Demokratie (Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 57), Tübingen: Mohr
(Siebeck), S. 56.

Dennoch gehen wir intuitiv von einem Unterschied zwischen dem ökonomischen Marktpreis einerseits und einem moralisch gerechten „Wert“ eines Produkts aus.
Wir unterscheiden also zwei „Schubladen“ der Bewertung.

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(1.4) In der Moralphilosophie kam der Begriff der „Werte“ dann in der sog. „materialen Wertethik“ zu Ehren.
So behauptet etwa Max Scheler, unser „Wertfühlen“ unterscheide mehrere Arten von Werten in folgender objektiver Rangordnung:
Dabei ging die „materiale Wertethik“ von einem idealen „Wertehimmel“ objektiver Werte aus:
„Die eigentliche Seinsweise der Werte ist offenkundig die eines idealen
Ansichseins“ (Nicolai Hartmann 1926).
(1926 / 41962), Ethik, Berlin / Leipzig: de Gruyter, S. 149.

[Vermutung: Wahrscheinlich lässt sich Derartiges nur unter erheblich modifizierten theologischen (etwa: prozesstheologischen) Prämissen sinnvoll behaupten.]

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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In diametralem Unterschied zu dieser Annahme objektiver Werte behaupten die meisten modernen Ethiken, dass wir die Werte selber erfinden:
„There are no objective values“
(John Leslie Mackie).
(1977): Ethics. Inventing Right and Wrong, London / New York: Penguin,
p. 15.

Wie dem auch sei (uns muss hier dieser interne Streit zwischen Philosophen und
Theologen nicht interessieren) – auf jeden Fall gibt es eine ganze Palette unterschiedlicher Werte:

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Abb.: Unterschiedliche Werte

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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Für ein gedeihliches gesellschaftliches Zusammenleben ist es m.E. daher wichtig, sich diese Unterschiedlichkeit wichtiger Werte präsent zu halten:
• Denn man kann wirtschaftliche Probleme nicht nur mit moralischen Werten lösen,
• und moralische Probleme lassen sich nicht allein mit ökonomischen Werten bearbeiten ...
„Everybody loves money, including myself
[he, he …]. In order to live you need money.
Without money you can’t work.
[But:] Beside money, there are other values“
(Dalai Lama 2009). http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,632732,00.html bzw. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,635133,00.html (Video: http://www.spiegel.de/video/video-1009086.html )

Das einseitige „Hängen“ an nur einen einzigen Werttypus ist pathologisch, denn immer sind auch die „other values“ wichtig.
 Damit stehen wir vor dem Problem, wie wir all diese (legitimen) verschiedenen Werte im Alltagsgeschäft unter einen Hut bringen.

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

(2) „Werte“ = was uns wirklich wichtig ist !
Es gibt keine allgemein gültige (und präzise) Definition des Begriffs
„Werte“. Trotzdem hier eine Arbeitsdefinition:
„Werte“ sind (aus Erfahrungen kondensierte) Kurzformeln für das, was uns wirklich wichtig ist.
Und das kann Geld sein oder Schönheit oder Gerechtigkeit ...

Clyde K. Kluckhohn (1951)
Kluckhohn, Clyde K. (1951). Values and Value Orientations in the Theory of Action, in: Parsons, T. / Shils, E. A. (Eds.):
Toward a General Theory of Action, Cambridge, MA: Harvard University Press, pp. 388 - 433, p. 395.

Noch zwei Punkte hierzu:
(a) Werte haben eine Funktion: Wie der Polarstern oder wie ein
Leuchtturm sollen sie uns die grobe Richtung anzeigen, in die wir uns bewegen sollen (oder wollen):

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Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Moralische „Werte sind Fluchtpunkte der moralischen
Orientierung“ (Werner Stegmaier 2008). S. 573.
Dabei hat man jedoch „Spielräume auch gegen die Werte selbst, kann sie ‚wählen‘. was für den einen ein ‚höherer‘ Wert, kann für den andern ein ‚geringerer‘ Wert sein; Werte lassen individuelle ‚Präferenzen‘ [...] zu“.
Darin wirkt die Herkunft des Begriffs aus der Ökonomie nach [...]. [S]ofern moralische Werte wählbar sind, haben sie untereinander wiederum einen Wert, einen

Vorzugswert;

(2008): Philosophie der Orientierung, Berlin: de Gruyter, S. 573 f.

(2) Problemanzeige: das „uns“ (in: „was uns wirklich wichtig ist“). Gesellschaftlich gibt es kein klares Ranking der Werte. Jeder hat
„seine“ eigenen Werte.
• Folge I: Von daher erklärt sich die Streiterei darum, was man etwa von Wirtschaftsunternehmen in Bezug auf moralische
Werte verlangen kann (und was nicht).
• Folge II: Auf diesem fluktuierenden
Präferieren von unterschiedlichen Werten beruht in der modernen Gesellschaft auch der sog. „Wertewandel“ (vgl. Dawkins: „moral Zeitgeist“).

Exkurs ENDE

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)


03

38

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

39

1 Kodifizieren
Der Code of Ethics (Code of Conduct) umschreibt stichpunktartig die wichtigsten moralökonomischen Unternehmensleitlinien („Visitenkarte“ der Firma).
Beispielsweise hat die Daimler
AG
einen „Integrity Code“ (Verhaltensrichtlinie), einen Code of Ethics und
CCO-Richtlinien beschlossen und sich auf folgende Werte verpflichtet:

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

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2 Kommunizieren
Auf dieser Stufe geht es nicht um cheap talk oder bloße Imagekampagnen, sondern um eine real institutionalisierte Kommunikation.
„Institutionalisierte Kommunikation zeichnet sich dadurch aus, dass sie in das operative Geschäft integriert ist und damit eben auch Konsequenzen für das Alltagsverhalten generiert“ (Josef Wieland (2004): Wozu Wertemanagement? Ein Leitfaden für die Praxis, in: ders.
(Hg.): Handbuch Wertemanagement, Hamburg: Murmann, S. 13 - 52, hier: S. 24).

Konkret geht es um die Auswahl der Mitarbeiter, um Verpflichtungen in
Arbeitsverträgen oder um die Auswahl der Lieferanten:
So hatte sich Levi‘s nach der Kommunikation (Veröffentlichung) ihrer „Global
Sourcing & Operating Guidelines“ (1991) von etwa 5% der Zulieferer getrennt, nachdem Audit-Teams massive Verstöße bei ihnen festgestellt hatten.

Oder auch um die Kooperation mit Banken:
So hatte Franz Fehrenbach (CEO
) im Januar 2010 kommuniziert, man werde mit Banken bei fragwürdigem Geschäftsgebaren (z.B. überzogenen Boni) nicht mehr kooperieren. „Zu einem Institut hat Bosch bereits die Beziehungen abgebrochen“ (Handelsblatt vom 22.04.2010).

41

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

3 Implementieren
Hier geht es um „Fragen der Implementierung und
Realisierung von Wertemanagementsystemen in den
Geschäftsalltag, die sowohl durch Compliance als auch durch Wertemanagementsysteme [Integrität; CSR] vollzogen werden“ (Josef Wieland 2004, S. 25).
(1) Auch innerhalb eines IntegritätsManagements ist legal compliance natürlich unverzichtbar:
„[C]ompliance with law is a must“ (Lynn Sharp Paine

1997, p. 95)

,

(2) während Werteoder Integritätsprogramme „nur“ ein „ought to“ sind (so Klaus M. Leisinger).
Um die Effektivität aller Ethik-Maßnahmen sicherzustellen, bedarf es (3) regelmäßiger
Ethics-Audits
(Ethics Controlling).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

42

4 Organisieren
(1) Im nordamerikanischen Kontext soll durch die Einrichtung eines Ethics
Committee (of the Board of Directors), dem Personen aus der
Unternehmensspitze angehören, vor allem signalisiert werden, dass Ethik nicht zuletzt auch „Chefsache“ ist („moral leadership“).
(2) Die eigentliche „Schaltzentrale“ der Ethik-Institutionen ist dort das
Ethics Office, das alle im Rahmen des IntegritätsManagements notwendigen
Maßnahmen und Projekte koordiniert und durchführt.
• Die entscheidende Figur im Ethikbüro ist der Ethics Officer (EO), der derzeit „Mädchen für alles“ im Ethics Program einer Firma ist.
Bei Fraport gibt es an dieser Stelle beispielsweise einen Wertemanager und einen Ombudsmann (als Ansprechpartner).
Seit 1992 gibt es einen eigenen Berufsverband: die Ethics &
Compliance Officer Association (ECOA), ein „worldwide network of more than 1,100 ethics and compliance practitioners“
(www.theecoa.org).



Die Ethics Helpline (Ethics Hotline) ist ein innerbetriebliches Telefonnetz, über das Mitglieder des Unternehmens dem Ethics Office Probleme mit moralischen oder rechtlichen Unregelmäßigkeiten anonym signalisieren können.

(3) Schließlich muss das Organisieren von Werten dann noch in (Stabs)Stellen, die für die Interne Revision (IR) oder das Qualitätsmanagement (QM) usw. verantwortlich sind, integriert werden.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Agenda
Intro
1. (Legal) Compliance & (Organizational) Integrity.
Zwei managementethische Konzepte
2. Was ist eigentlich (Management-)Ethik?
3. Corporate Social Responsibility
4. Management-Ethik – Macro or Micro Approach?
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
Outro: Markets & Morals

43

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

44

In diesem Abschnitt geht es darum zu klären, was Ethik ist und worum es daher in einer Management-Ethik geht.

 Fallbeispiel:
Vorab: Im allgemeinen funktioniert auch der Automarkt als ein
(gesellschaftlich erwünschtes) „Entdeckungsverfahren“
(Friedrich August von Hayek) zur Generierung von Innovationen und kostengünstigen Produktionsverfahren.
Was die Innovationen anbelangt, zeigt(e) ein Vergleich zwischen den Autoproduktionen der DDR (z.B. dem Trabant
P 601 LX) und denjenigen westlicher Automärkte den
Unterschied überdeutlich.

Aber: Der ansonsten erwünschte Wettbewerbsdruck in
Richtung kostengünstiger Produktionsverfahren kann jedoch auch problematische Ergebnisse hervorbringen:
Beispiel: der Ford Pinto. Weil Ford im Markt für

Kleinwagen ins Hintertreffen geraten war, forderte
Ford-Chef Lee Iacocca ein neues – kostengünstiges und leichtes – Modell, das binnen kürzester Zeit auf den Markt gebracht werden konnte.

45

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Bald stellt sich ein Problem heraus: Aufgrund der Wagenkonstruktion, also der verringerten (= kostengünstigeren) technischen Sicherheitsvorkehrungen des Ford Pinto ergab sich ein überdurchschnittliches Brandrisiko bei
Auffahrunfällen.
Angesichts dieses Problems stellt Ford in einem internen Memo eine glasklare
Kosten-Nutzen-Analyse auf, in der die eingesparten Gerichtskosten
(„Benefits“) mit den Kosten des Einbaus eines das Brandrisiko deutlich reduzierenden und nur 11$ teuren Plastikschilds („Costs“) verglich:
„Benefits“: $49.5 million
„Costs“:
$137 million
CEO Lee Iacocca erklärte angesichts dieser Zahlen trocken:

„Safety doesn‘t sell“ (Lee Iacocca 1971) zit. nach: Dowie (1977)

http://www.autosafety.org/FordMemo.pdf

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

46

Of course, upon learning of the case, the public was outraged because of this management decision.
But: Debating the economic and ethical aspects of this case, Milton Friedman (Nobel Prize 1976) posed
“a real question of principle”:
“Let‘s suppose it would cost a billion dollars per person.
Should Ford have put them in none the less? […] Nobody can accept the principle that an infinite value should be put on an individual life.” (Milton Friedman 1978). http://www.youtube.com/watch?v=iPqdRqacpFk As a result, there are

(at least)

two levels of ethical argumentation:

a. The level of ideal ethical principles („über allen Preis erhaben“)
„Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine
Würde. Was aber einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.“ (Immanuel Kant 1785).
Immanuel Kant (1974): Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Weischedel, W. (Hg.): Immanuel Kant. Werkausgabe VII,
Frankfurt (M.), S. 7 – 102, hier: S. 68.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

47

b. The level of finite reality (local situation) (no “infinite value”)
“I don’t believe that every single human life is sacred.
I believe that principles have to be balanced.” (Student). http://www.youtube.com/watch?v=iPqdRqacpFk But how to balance these conflicting principles is a controversial question (on this ethical application level):
• The student would install the plastic shield,
• whereas Milton Friedman would not.

So, if we don‘t put an infinite value on an individual life, what‘s an adequate (& finite) number ?
“Few people would choose to die in a car crash for $ 200,000.
Most people like living. To measure the full effect on utility of a traffic fatality, one would have to include the victim‘s loss of future happiness, not only lost earnings and funeral costs. What, then, would be a truer estimate of the dollar value of a human life?” (Michael Sandel 2009).
(2009): Justice. What's the Right Thing to do?, London: Penguin Books, p. 44.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

2.1

48

Eine erste Unterscheidung:
Drei Ebenen der ethischen Argumentation

Jenseits von Eden leben wir in einer Welt, in der ethische Ideale nicht 1 : 1 in die Wirklichkeit umgesetzt werden können. Wir sind daher darauf angewiesen, eine Art Ethical „Piecemeal
Engineering“ (in Anlehnung an Karl R. Popper) zu praktizieren.

Dabei muss man aus der Sicht der ethischen Theorie im Hinblick auf das Umsetzungsproblem drei Ebenen unterscheiden:

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

49

Ebene 1: Begründung / Justification
Zunächst können wir auf einer 1. Ebene = Ebene der (ethischen)
Begründung (Justification) bestimmte moralische
(Ziel)Vorstellungen / Prinzipien formulieren, beispielsweise, dass jeder Mensch eine unverrechenbare Würde besitzt.
„Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine
Würde. Was aber einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.“ (Immanuel Kant 1785).
Immanuel Kant (1974): Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Weischedel, W. (Hg.): Immanuel Kant. Werkausgabe VII,
Frankfurt (M.), S. 7 – 102, hier: S. 68.

Auf dieser Ebene werden „ideale“ ethische Zielvorstellungen formuliert, die die Richtung bestimmen, in der wir nach Lösungen suchen sollen (Heuristik).
„Eigentlich“, idealiter sollte ein Menschenleben „über allen Preis erhaben“ sein ist, sollte uns also $ 200 Mio.
(oder auch unendlich mehr) wert sein.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

50

Ebene 2: Anwendung / Application von moralischen Normen
Auf einer 2. Ebene stellen wird nun aber fest, dass in vielen lokalen
Situationen ein Widerstreit zwischen verschiedenen moralischen Zielen (Werten) besteht.
• Idealiter sollte einerseits ein Menschenleben „über allen Preis erhaben“ sein (Begründungsebene),
• aber andererseits ist es auch moralisch wünschenswert, dass sich weniger betuchte
Bevölkerungskreise ein Automobil leisten können.

Konsequenz: In einem ethischen Anwendungsdiskurs muss eigens diskutiert werden, welches die vergleichsweise bessere
(= moralisch angemessenere) und „real“ vorzuziehende
Option in dieser lokalen Situation ist.
In diesem Sinn hat auch bereits Jürgen Habermas von der notwendigen Unterscheidung „moralischer Begründungsund Anwendungsdiskurse“ gesprochen (1991, S. 141).

51

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Ebene 3: Implementation (= die Wirklichkeit)
Erst auf der 3. Ebene, der Implementationsebene, entscheidet sich dann, was wirklich („aktual“) geschieht.
Hier kann eine Vielfalt von Aspekten (Interessen) eine empirisch relevante Rolle spielen:





ökonomische Aspekte (Kosten), z.B.: moralische Aspekte (Humanität, Gerechtigkeit) politische Aspekte (Macht, Kontrolle)
...

„Safety doesn‘t sell“
(Lee Iacocca)

Faktisch hat die Moral auf dieser Ebene keine Dominanz über die anderen Aspekte.
Wahrscheinlicher wird die Implementierung der realen
Moraloption (des Anwendungsdiskurses) dann, wenn es tatsächlich gelingt, die moralischen Ansprüche mit den wirtschaftlichen Kostenaspekte zu verbinden – denn:
“When morality comes up against profit, it is seldom profit that loses” (Shirley Chisholm, first major party African-

American candidate for President of the United States; †2005).

52

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Weitere Beispiele
* 9/11 II: Abwehr von Renegades
Nach dem 11. September 2001 wird verstärkt diskutiert, inwiefern der Abschuss von Flugzeugen, die mutmaßlich entführt wurden, um terroristische
Angriffe auf Bodenziele durchzuführen, ethisch und/oder juristisch akzeptabel, geboten oder verboten ist.

* Organtransplantation
Auf der Anwendungsebene muss die Geltung des universalen Gleichwertigkeitsprinzips
(gleiche Würde) lokal eingeschränkt werden. Auf der Anwendungsebene hat dann eben doch „alles seinen
Preis“ (obwohl es im Prinzip
„über allen Preis erhaben“ ist
(= Würde hat).

8473

9000
8000
7000
6000
5000
4000
3000
2000

1162

1000
0
Nierentransplantationen

Warteliste

Abb.: Nierentransplantationen und Warteliste (Deutschland 2006)
Quelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation (2007), EuroTransplant (2007)

53

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Moderne (normative) Ethiktheorien (Auswahl)
Moral(en)
Ethik

= als fair (unparteilich, richtig) angesehene Regeln
= (argumentative) Reflexion von moralischen Regeln/Problemen

Kategorischer
Imperativ

Alles „hat [...] entweder einen Preis oder eine
Würde“
(Immanuel Kant 1974, S. 68).
„Der kategorische
Imperativ ist [...]: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde“ (Kant 1974, S. 51).

Diskursethik

Die Diskursethik stellt den diskursethischen
„Grundsatz ‚D‘ auf, daß nur diejenigen Normen
Geltung beanspruchen dürfen, die die
Zustimmung aller
Betroffenen als
Teilnehmer eines praktischen Diskurses finden könnten“
(Jürgen Habermas

1991, S. 12).

Gerechtigkeitsethik

„[T]hose who benefit least [...] have [...] a veto “ (John Rawls 1993,

p. 282).

„[W]e are to adopt the alternative the worst outcome of which is superior to the worst outcomes of the others“
(John Rawls 1971, p. 153).

Utilitarismus

„It may be regarded as an expression of the purely moral principle that, in making basic moral value judgments, we must give the same a priori weight to the interests of all members of the society“ (John Harsanyi 1976, p. 63,

fn. 10).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

2.2

54

Wie argumentieren einschlägige Ethikkonzeptionen?

Es gibt nicht die Ethik, sondern unterschiedliche und zum Teil widerstreitende Ethikkonzeptionen.
TÜ 2.2.1
04

Der Kategorische Imperativ bei Immanuel Kant

Kategorischer
Imperativ

Kants Kategorischer Imperativ ist eine Präzisierung der „Goldenen Regel“ („Was Du nicht willst das man Dir tu ... “).
Grundsätzlich geht Kant (†1804) davon aus, dass der
Mensch „Bürger zweier Welten“ ist:

Alles „hat [...] entweder einen Preis oder eine
Würde“
(Immanuel Kant 1974, S. 68).
„Der kategorische
Imperativ ist [...]: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde“ (Kant 1974, S. 51).

(1) Das Streben nach „Glückseligkeit“ und die
„hypothetischen Imperative“
Nach Kant haben alle Menschen ein Interesse an ihrem umfassenden Wohlergehen (= „Glückseligkeit“):
Es ist nun dabei das Geschäft der „praktische[n]
Vernunft [= Rationalität] [...], das Interesse der
Neigungen unter dem sinnlichen Prinzip der
Glückseligkeit [zu] [...] verwalten.“
Kant, Immanuel (1974): Kritik der praktischen Vernunft, in: Weischedel, Wilhelm (Hg.): Immanuel Kant.
Werkausgabe VII, Frankfurt (M.): Suhrkamp, S. 103 - 302, hier: S. 251.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

55

Dabei gibt uns die „kluge“ Rationalität sog. „hypothetische
Imperative“ („Ratschläge der Klugheit“) an die Hand:
„Wenn/Falls [= „hypothetisch“] Du dieses Ziel erreichen willst, dann rate ich Dir folgendes Mittel zum Zweck: ... “.
„Wenn [...] die Handlung bloß wozu anderes, als Mittel, gut sein würde, so ist der Imperativ hypothetisch“
(Kant 1974 (Grundlegung), S. 43).

(2) Das „moralische Gesetz“ und der
„kategorische Imperativ“
Nach Kant ist nun selbst ein moralkonformes Verhalten noch nicht unbedingt ein wirklich moralisches Handeln:
Es lasse sich „unterscheiden, ob die pflichtmäßige Handlung aus Pflicht oder aus selbstsüchtiger Absicht geschehen sei. [...] Z.B. es ist allerdings pflichtmäßig, daß der Krämer seinen unerfahrnen Käufer nicht überteure, und, wo viel Verkehr ist, tut dieses auch der kluge Kaufmann nicht [...]. Also war die Handlung weder aus Pflicht, noch aus unmittelbarer
Neigung, sondern bloß in eigennütziger Absicht geschehen“ (Kant 1974
(Grundlegung), S. 23).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

56

Wenn unser Kaufmann dagegen bereit ist, die Dinge (auch) aus den
Augen des Käufers zu betrachten, nimmt er den moral point of view ein: die gleichwertige = unparteiliche Berücksichtigung auch der
Interessen anderer.
Nach Kant ist dieses „moralische Interesse ein reines sinnenfreies
Interesse der bloßen praktischen Vernunft“ (Kant 1974: KpV S. 201).

In diesem Fall entspricht das Handeln (nicht nur das Verhalten) dem sog. „kategorischen Imperativ“ (hier in der „Gesetzesformel“):
„Der kategorische Imperativ ist [...] nur ein einziger, und zwar dieser: handle nur nach derjenigen Maxime, durch die [= von der] du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde“
Kant, Immanuel (1974): Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Weischedel, Wilhelm (Hg.): Immanuel Kant.
Werkausgabe VII, Frankfurt (M.): Suhrkamp, S. 7 - 102, hier: S. 51.

Wieso ist dieser ethische Imperativ ein „kategorischer
Imperativ“ ?
Im Beispiel: Während der hypothetische Imperativ der ökonomischen Klugheit es dem Krämer durchaus ermöglicht, einen Durchreisenden doch abzuzocken, bleibt diese Möglichkeit im Rahmen des kategorischen Imperativs ausgeschlossen, da der moral point of view stets / ausnahmslos (= kategorisch) die unparteiliche Berücksichtigung auch der Interessen anderer verlangt.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

57

Die inhaltlich auf das gleiche hinauslaufende ethische Forderung kann
Kant auch mit der „Selbstzweckformel“ des Kategorischen Imperativs zum Ausdruck bringen:
„Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest“ (Kant 1974: Grundlegung S. 51).

Das eben ist Moral: die Anderen zu „lieben“ (= zu respektieren; ihre Interessen zu berücksichtigen), obwohl man sie
(vielleicht) nicht ausstehen kann.

Jedenfalls:
(a) In beiden Versionen läuft der
„kategorische Imperativ“ auf einen
Universalisierungstest („allgemeines
Gesetz“ = Verallgemeinerungstest) hinaus.
(b) Und dann soll das Handeln in der Situation diesen verallgemeinerbaren (universalisierten) Regeln „kategorisch“ = unbedingt folgen, um free riding auszuschließen.

58

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

So weit, so gut! Der Hauptkritikpunkt an Kant bezieht sich nun aber

auf seine Ausblendung der Anwendungsprobleme, die sich aus dem lokalen Anwendungsfall ergeben:

• Kant thematisiert nur einen Begründungsdiskurs (= ein
Verfahren zur Begründung von allgemeinen Regeln),
• aber er ignoriert, dass es in den vielfältigen Anwendungssituationen „eine echte Pflichtenkollision geben kann“
,
für die man m.E. einen eigenen Anwendungsdiskurs benötigt
(den Kant aber eben nicht vorsieht):
(Höffe 1996, 196)

„Die größte Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst [...] ist [...] die Lüge“.
(2) Selbst wenn mit einer Lüge der gute Zweck verfolgt würde, dass man „einen eben itzt mit Mordsucht
Umhergehenden durch eine Lüge an der Tat verhindert“, so bleibt „die Pflicht der Wahrhaftigkeit [...] unbedingte Pflicht [...], die in allen Verhältnissen gilt“.
(1)

(1) Kant, Immanuel [1991a]: Die Metaphysik der Sitten, in: Weischedel, Wilhelm [Hg.]: Immanuel Kant.
Werkausgabe in 12 Bänden, Bd. 8, 9. Aufl., Frankfurt [M.]: Suhrkamp, S. 303 - 634, hier: S. 562.
(2) Kant, Immanuel [1991b]: Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu lügen, in: Weischedel, Wilhelm [Hg.]: Immanuel Kant.
Werkausgabe in 12 Bänden, Bd. 8, 9. Aufl., Frankfurt [M.]: Suhrkamp, S. 635 - 643, hier: S. 639 und 641.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

59

Kant ignoriert, dass es in den vielfältigen Anwendungssituationen „eine echte Pflichtenkollision geben kann“ (Höffe 1996, 196), für die man einen eigenen Anwendungsdiskurs benötigt:
• Idealiter sollte einerseits ein Menschenleben „über allen Preis erhaben“ sein (Begründungsebene),
• aber andererseits ist es gleichzeitig auch moralisch
(sozial) wünschenswert, dass sich weniger betuchte
Bevölkerungskreise ein Automobil leisten können.

60

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

2.2.2

Der zwanglose Konsens der Diskursethik

Für eine ganze Reihe von Wirtschafts- und Unternehmensethikern bildet das Konzept der Diskursethik die ethische Grundlage.
(v.l.n.r.: Horst Steinmann, Albert Löhr,
Peter Ulrich, Andreas Georg Scherer, Guido Palazzo)

Diskursethik

Die Diskursethik stellt den diskursethischen
„Grundsatz ‚D‘ auf, daß nur diejenigen Normen
Geltung beanspruchen dürfen, die die
Zustimmung aller
Betroffenen als
Teilnehmer eines praktischen Diskurses finden könnten“
(Jürgen Habermas

1991, S. 12).

In der Diskursethik bietet sich für den Fall, dass bestehende (Verhaltens)Regeln nicht mehr selbstverständlich (konsensuell) als gegeben hingenommen, sondern hinterfragt werden,
„bietet sich der praktische Diskurs als Fortsetzung des konsensuellen Handelns mit anderen [= argumentativen] Mitteln an“ (Jürgen Habermas 1981 I, S. 447).
In einem solchen argumentativen Diskurs gilt nur der
„zwanglose Zwang des besseren Argumentes“

(Habermas, Jürgen (1971), in: Habermas, Jürgen / Luhmann, Niklas: Theorie der Gesellschaft oder
Sozialtechnologie. Was leistet die Systemforschung?, Frankfurt (M.): Suhrkamp, S. 137).

Ethisch gültig sind dann nur diejenigen Regeln, auf die sich alle Beteiligten diskursiv (argumentativ) einigen können.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

61

Die Diskursethik stellt den diskursethischen „Grundsatz ‚D‘ auf, daß nur diejenigen Normen Geltung beanspruchen dürfen, die die Zustimmung aller Betroffenen als Teilnehmer eines praktischen Diskurses finden könnten“ (Habermas, Jürgen
(1991): Erläuterungen zur Diskursethik, Frankfurt (M.): Suhrkamp, S. 12).

D.h. auch, dass die Diskursethik keine Inhalte, sondern nur
Regeln für ein Argumentationsverfahren angibt, eine formale Prozedur an, wie die Gerechtigkeit von Normvorschlägen überprüft werden kann:
„Die Diskursethik gibt keine inhaltlichen Orientierungen an, sondern eine voraussetzungsvolle Prozedur, die [die] Unparteilichkeit der
Urteilsbildung garantieren soll“ (Habermas 1983, S. 132).
Diskursethisch gesehen hätte man alle Beteiligten bzw.
Betroffenen vorab fragen müssen, ob sie es für sich als
„gut“ empfinden, das Plastikschild einzubauen oder aber die
11$ einsparen zu können.
Was als Ergebnis dieses Diskurses herausgekommen wäre, ist offen (!), aber vermutlich hätten zwei Varianten des
Ford Pinto gebaut werden müssen (?).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

62

TÜ 2.2.3 Die Gerechtigkeitstheorie von John Rawls
05 John Rawls (*1921, †2002) arbeitet mit einem Gedankenexperiment,

um eine Theorie der Gerechtigkeit zu entwickeln:
In einem fiktiven „Urzustand“ (original position)
Gerechtigkeitssollen gesellschaftlichen Spielregeln ausgehandelt ethik werden sollen. Das entscheidende Merkmal des
Urzustands ist der sog. „Schleier des
Nichtwissens‘ (veil of ignorance):

„[T]hose who benefit least [...] have [...] a veto “ (John Rawls 1993,

p. 282).

„[W]e are to adopt the alternative the worst outcome of which is superior to the worst outcomes of the others“
(John Rawls 1971, p. 153).

• Während den Leuten im ‚Urzustand‘ allgemeine
Informationen (über Marktwirtschaft, Demokratie,
Sozialstaatsorganisationsformen usw.) sehr wohl bekannt sein sollen,
• bleiben alle persönlichen Daten hinter dem
„Schleier des Nichtwissens“ verborgen:
So „kennt niemand seinen Platz in der Gesellschaft, seine
Klasse oder seinen Status; ebensowenig seine natürlichen Gaben, seine Intelligenz, Körperkraft usw.
[...] Die Menschen im Urzustand wissen auch nicht, zu welcher Generation sie gehören“ (John Rawls (1971 / 1979): Eine

Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt (M.): Suhrkamp, S. 160).

63

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Rawls geht dabei von einer Risikoaversion der Parteien im „Urzustand“ aus. „Die Maximin-Regel ordnet mögliche Entscheidungen im ‘Urzustand’

E1
E2
E3

mögliche Umstände
(im ‘späteren’ Leben)
U1
-7
-8
5

U2
8
7
6

U3
12
14
8

die Alternativen nach ihren schlechtesten möglichen Ergebnissen: man soll diejenige wählen, deren schlechtestmögliches Ergebnis [Minimum] besser ist
[Maximum] als das jeder anderen“ (Rawls 1979, S. 178).

Im Licht der Gerechtigkeitstheorie von Rawls hätten die
Parteien im „Urzustand“ aufgrund ihrer Risikoaversion und der Maximin-Regel beschlossen, das Plastikschild für
11$ einzubauen:
Da E 1 und E 2 zwar Chancen bieten (U 3 = kein Unfall), aber auch riskant sind (U 1 = -8 = im Pinto verbrennen), wählen die Parteien im „Urzustand“ E 3, weil hier das schlechtestmögliche Ergebnis (im Fall U 1) besser ist als bei
E 1 oder E 2.
 Ford wäre also verpflichtet gewesen, das Plastikschild einzubauen !

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

2.2.4

64

Der Utilitarismus von John C. Harsanyi

TÜ Der Utilitarismus stellt die Kategorie des Nutzens (lat. utile: nützlich)
06 in den Mittelpunkt:
„Die Auffassung, für die die Nützlichkeit [...] die Grundlage der Moral ist, besagt, daß Handlungen insoweit und in dem Maße moralisch richtig sind, als sie die Tendenz haben, Glück zu befördern“ (John Stuart Mill
(1864 / 1987): Der Utilitarismus, abgedruckt in: Birnbacher, Dieter / Hoerster, Norbert (1987 / Hg.): Texte zur Ethik, 6. Aufl.,
München: dtv, S. 203 - 208, hier: S. 203).

Ethisch richtig ist ein Handeln oder eine Regel genau dann, wenn es/sie unparteilich den höchsten Durchschnittsnutzen produziert:
It is „the greatest happiness of the greatest number that is the measure of right and wrong“ (Jeremy Bentham (1789 / 1992): Ausschnitt aus

Introduction to the Principles of Morals and Legislation, in: Burr, John R. / Goldinger, Milton (Ed.): Philosophy and Contemporary
Issues, New York: Macmillan, pp. 225 - 232, p. 229).

 Illustrationsbeispiel: Die Holzplanke
Nach einem Schiffsuntergang hat eine Familie (2 Eltern, 2 Kinder) nur 1 Holzplanke zur Verfügung, die aber nur entweder zwei Erwachsene oder einen Erwachsenen und zwei Kinder tragen kann. Die Familie muss nun über Leben und Tod entscheiden.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Utilitarismus

„It may be regarded as an expression of the purely moral principle that, in making basic moral value judgments, we must give the same a priori weight to the interests of all members of the society“ (John Harsanyi 1976, p. 63,

fn. 10).

65

John C. Harsanyi (*1920, †2000; Nobelpreis 1994) hat nun eine interessante Variante der utilitaristischen
Ethik entwickelt:
• Moralisch ist ein Urteil nur dann, wenn es das unparteilich Nutzenmehrende im Blick hat.
• Um diese Unparteilichkeit zu rekonstruieren, hat
Harsanyi wohl als erster 1953 das Gedankenexperiments eines ‚Schleiers des Nichtwissens‘ entwickelt: 1. Keines der Individuen kennt seine zukünftige
Position.
2. Jedes Individuum muss mit einer gleichen
Wahrscheinlichkeit mit jeder Position rechnen
(deswegen ‚equiprobability model‘).

Im Fall des Ford Pinto prognostizierte das „Ford Memo“
11 Mio. Positionen (= verkaufte Autos), und darunter
180 worst cases (burn deaths). Kalkulationsergebnis:
Legt man die Zahlen des Ford Memos zugrunde, dann würde die
„Benefits“: gegen den Einbau des Plastikschilds votieren.
49.5 million utilitaristische Ethik $
…„Costs“:
$ 137.0 million

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

66

Der Ökonom John C. Harsanyi (Nobelpreis 1994) hat zwei verschiedene Interessenstypen differenziert:
• personal preferences (Eigennutzinteressen)

(gehören bei Kant als „Glückseligkeitsinteressen“ zum hypothetischen Imperativ)

• moral preferences (Unparteilichkeitsinteressen)

Harsanyi, John C. (1976): Essays on Ethics,
Social Behavior, and Scientific Explanation
(Theory and Decision Library, Vol. 12),
Dordrecht / Boston: Reidel, p. IX

(gehören bei Kant zum kategorischen Imperativ)

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

67

Im Fall des Ford Pinto gab es (nach dem „Ford Memo“) 11 Mio.
Positionen (= verkaufte Autos), und darunter 180 worst cases (burn
„Benefits“: $ 49.5 million deaths) und die Bilanzierung ergab folgende Werte:

„Costs“:

$ 137.0 million

Wenn man diese Zahlen des Ford Memos zugrunde legt, dann würde die
Cost-benefit analysis der utilitaristischen Ethik, die ja alle Kosten und Nutzen in monetäre Größen übersetzt, gegen den Einbau des
Plastikschilds votieren.
Aber: Der „Wert“ eines Menschen ist im „Ford Memo“, das ja nur die erwarteten Gerichtskosten/Schadensersatzklagen prognostiziert, ethisch
(= unparteilich) sicherlich zu gering bemessen:
But: In „principle, a utilitarian could agree. […] To measure the full effect on utility of a traffic fatality, one would have to include the victim‘s loss of future happiness, not only lost earnings and funeral costs.
What, then, would be a truer estimate of the dollar value of a human life?“
(Michael Sandel 2009: Justice. What's the Right Thing to do?, London: Penguin Books, p.
44).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Agenda
Intro
1. (Legal) Compliance & (Organizational) Integrity.
Zwei managementethische Konzepte
2. Was ist eigentlich (Management-)Ethik?
3. Corporate Social Responsibility
4. Management-Ethik – Macro or Micro Approach?
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
Outro: Markets & Morals

68

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

3.

Corporate Social Responsibility

„The phrase corporate social responsibility has been used in so many different contexts that it has lost all meaning“
(S. Prakash Sethi (1975): Dimensions of Corporate Social Performance. An Analytical

Framework, in: California Management Review 17 (3/1975), pp. 58 - 64, p. 58).

Der Begriff ist also „alt“, er war schon vor Jahrzehnten unklar (was sich nicht wirklich geändert hat) – und er ist m.E. von der Sache her unverzichtbar.

 Fallbeispiel:

vs. Jeffrey Wigand

Vgl. Clausen, Andrea (2009): Grundwissen Unternehmensethik. Ein Arbeitsbuch, Tübingen / Basel: Franke, S. 87 ff.

1995 informierte Jeffrey Wigand, mehrjähriger Vice President of Research and Development bei dem Tabakkonzern Brown &
Williamson (Lucky Strike), den Journalisten
Lowell Bergman (arbeitete für 60 Minutes, CBS
News) darüber, dass der Konzern gezielt und heimlich eine Erhöhung der
Nikotinwirkung zur Suchtsteigerung
(mittels einer Ammoniak-Technik) betreibe.

69

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

70

Ein zu diesem Zeitpunkt bereits laufendes Verfahren, in dem sieben Bundesstaaten vor dem Gericht von
Missisippi Schadensersatzklage gegen die führenden amerikanischen Tabakkonzerne (incl. Brown
& Williamson) erheben, erfährt durch Wigands Aussage eine Wendung und endet 1998 mit einem Vergleich
(„master settlement“):
Die Tabakkonzerne zahlen 206 Mrd. $ an insgesamt 46 Bundesstaaten
(zur Finanzierung der Therapie von Raucherkrankheiten).

Neben anderen Fragen (u.a. „Whistleblowing“) wirft das Fallbeispiel im Hinblick auf das Thema Corporate Social Responsibility vor allem drei managementethische Fragen auf:
1. Is a company responsible for the fact that its products as such are unhealthy, and should the company be committed to pay compensation to the smokers ?
2. Is a tobacco company morally obliged to replace additional, but carcinogenic flavors (like Coumarin) with a similar flavor, even if this transition affects taste and sales ?
3. Is it ethically acceptable that a tobacco company secretly enchances the effect of nicotin (in the brain) by using certain chemical elements (e.g. ammonia) in order to increase addiction (= “impact boosting”) ?

71

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

3.1

BWL ohne CSR = BWL mit CSR ?

Seit Jahrzehnten wird immer wieder einmal der Standpunkt vertreten, eine Corporate Social Responsibility oder Unternehmensethik sei mindestens überflüssig, vermutlich sogar schädlich.

Dabei handelt es sich m.E. aber um einen Taschenspielertrick.
TÜ (1) Beispiel 1: Milton Friedman.
„The Social Responsibility of Business is to Increase its
07

Profits“ ?

1970 veröffentlichte Milton Friedman (Nobelpreis 1976) den wohl am häufigsten wieder abgedruckten Aufsatz zur Managementethik

(Talaulicar 2006, S. 67, A. 219).

(Milton Friedman (1970): The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits, in: The New York Times
Magazine, September 13, 1970, pp. 32 - 33, 122 – 126. Abgedruckt in: Zimmerli, Walter Ch. / Richter, Klaus /
Holzinger, Markus (2007 / Eds.): Corporate Ethics and Corporate Governance, Berlin: Springer, pp. 173 - 178.)

– wobei er jedwede „Social Responsibility“ als „subversiv“ ablehnt:
„That responsibility is to conduct the business in accordance with their desires, which generally will be to make as much money as possible while conforming to the basic rules of the society, both those embodied in law and those embodied in ethical custom“ (Friedman 1970, p. 173 f.).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

72

Ein Manager habe nur eine Verantwortung, nämlich eine „fiduciary duty“ gegenüber den „shareholdern“:
„[T]he key point is that, in his capacity as a corporate executive, the manager is the agent of the individuals who own the corporation
[= principals] [...], and his primary responsibility is to them“ (Friedman 1970, p. 174).

Eine andere als diese shareholder-Verantwortung würde ja bedeuten, dass der Manager nicht im Interesse der Anteilseigner handeln würde = deren Geld „besteuern“ würde (Besteuerung aber sei Staatsaufgabe).
In einem „ideal free market“ seien zusätzliche (soziale)
Verantwortlichkeiten fehlplaziert:
„The political principle that underlies the market mechanism is unanimity [Einstimmigkeit]. In an ideal free market resting on private property, no individual can coerce any other“
(Friedman 1970, p. 178).

Kommentar:
• Friedmans Position ist 1. idealisiert („ideal free market“).
• Und 2. handelt es sich um einen Taschenspieltrick, der die
Ethik („ethical custom“) einschmuggelt ohne zu klären, was „ethical custom“ ist, beispielsweise im Fall
).

Die gesamte Managementethik besteht ja in der Frage, was im business als „ethical custom“ angesehen und praktiziert werden sollte.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

73

(2) Beispiel 2: Horst Albach.
BWL ohne Management-Ethik = Management-Ethik?
Horst Albach vertritt die erstaunliche „These [...], daß die
Beschäftigung mit Unternehmensethik überflüssig ist.
Die Betriebswirtschaftslehre ist Unternehmensethik.
[…] Die Betriebswirtschaftslehre steht nicht ‚zwischen
Profit und Moral‘. Sie steht fest auf moralischem
Grund“ ((2005): Betriebswirtschaftslehre ohne Unternehmensethik, in: Zeitschrift für
Betriebswirtschaftslehre 75, S. 809 - 831, hier: S. 809. 830).

In diesem merkwürdigen Konzept sind zwei Fehler zu diagnostizieren:
i.

ii.

Ökonomischer Reduktionismus:
Albach reduziert eine vernünftige Ethik auf das rationale
Wirtschaftlichkeitsprinzip.
Ordnungsethischer Idealismus:
Eine exklusive und beim Staat aufgehängte Ordnungsethik ohne eigene Management-Ethik ist unzureichend, insbesondere in Zeiten der Globalisierung.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

74

ad i.)
„Da alles, was vernünftig ist, ethisch gerechtfertigt ist (Vernunftethik), ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip der Betriebswirtschaftslehre ein ethisch gerechtfertigtes Prinzip“ (2005, S. 812).

Das ist noch OK: Das Wirtschaftlichkeitsprinzip ist vernünftig und ethisch gerechtfertigt.
Anders sieht es jedoch bei den folgenden Vermischungen aus:
„Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit beruht auf dem
Rationalprinzip. Dieses ist Grundlage der Vernunftethik, die von Kant begründet wurde. Der kategorische Imperativ ist das Grundgesetz der Vernunftethik“ (2005, S. 811).
„Der kategorische Imperativ ist folglich das Grundgesetz der ‚ökonomischen Rationalität‘ “ (2005, S. 811).

Das ist eine völlig abwegige Identifizierung von economic und moral point of view, die auch bei John C. Harsanyi (siehe Folie oben) eben nicht vorliegt – obwohl Albach auch das fälschlicherweise behauptet:
„Das erwerbswirtschaftliche Prinzip der Betriebswirtschaftslehre ist gleichbedeutend mit diesem Verständnis einer unternehmerischen
Handlungsethik. […] Daher hat Harsanyi die Handlungsethik als einen
‚Zweig der allgemeinen Theorie rationalen Verhaltens‘ bezeichnet“ (2005, S. 813).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

75

ad ii.)
„Das erwerbswirtschaftliche Prinzip impliziert nur in einer funktionsfähigen Wettbewerbsordnung ethisch gerechtfertigtes Handeln. Ordnungsethik verweist insoweit auf die Pflicht des Staates, Gesetze zu erlassen und für ihre Einhaltung zu sorgen, die ethisch gerechtfertigtes
Handeln nach dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip nahe legen oder gar erzwingen“ (2005, S. 813).
„Den Staat trifft also eine moralische Verantwortung dafür, gute Gesetze zu erlassen “ (2005, S. 825).

Kommentar:
• Hier wird eine Bedingung (für ethisch gerechtfertigtes Handeln) formuliert, die der unter i) vorgenommenen Identifizierung von economic und moral point of view konzeptionell widerspricht.
• Bereits national ist festzustellen, dass Regelwerke erstens oft zu spät kommen und zweitens immer systematisch lückenhaft sind (und von daher immer auch Raum für Umgehungsstrategien lassen): 76

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

„Das was diese Krise an allererster Stelle zeigt, ist, dass kein
Regelsystem, kein Regelwerk [...] bestehen kann, wenn ihre einzelnen wirtschaftlichen Akteure glauben, frei von moralischer Bindung, frei von unternehmerischer Ethik, ohne gesamtgesellschaftliches Verantwortungsgefühl agieren zu können [...]. Der Staat kann durch Regulierung nie ersetzen, was an moralischer Selbstverpflichtung von verantwortlichen wirtschaftlichen Akteuren nicht mehr empfunden wird“
(Norbert Röttgen, CDU, Deutscher Bundestag 7. Oktober 2008).

• Und schließlich muss man global zur Kenntnis nehmen, dass wir für die globalisierte Weltwirtschaft keinen ordnenden Staat zur Verfügung haben.
Eine exklusive und beim Staat aufgehängte Ordnungsethik ohne eigene Management-Ethik („Unternehmensethik“) ist unzureichend, insbesondere in Zeiten der Globalisierung.
Horst Albach unterschätzt m.E. deutlich die moralökonomischen Herausforderungen und
Schwierigkeiten im Alltagsgeschäft des Managements.
 BWL ohne CSR



BWL mit CSR

77

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

3.2

Also doch: Eigenständige Corporate Social Responsibility

Worin besteht nun in der Praxis eine eigenständige Corporate Social
Responsibility (z.B. von
) und wo endet sie?
Brown & Williamson Tobacco

Grundlegend dürfte dabei natürlich immer die Frage sein, ob sich ein CSR-Engagement betriebwirtschaftlich rechnet
(„CSR pays“) oder nicht
(„CSR costs“).

CSR+

hohe moralische Akzeptanz seitens der Gesellschaft

III.

I.

ökonomischer
Konfliktfall

positiver
Kompatibilitätsfall

[ordnungspolitische
Strategien]

[Wettbewerbsstrategien]

geringe

hohe

Gewinn–
Rentabilität

Gewinn+
Rentabilität

negativer
Kompatibilitätsfall

moralischer
Konfliktfall

[exitoption]

Dabei sind systematisch vier Fälle zu unterscheiden.

[Wettbewerbs- und / oder ordnungspolit. Strategien]

IV.

II. geringe moralische Akzeptanz seitens der Gesellschaft

CSR–

Abb.: Gewinn und CSR
(modifiziert nach: Homann / Blome-Drees 1992, S. 133.141;
Homann 1994, S. 116; Pies / Blome-Drees 1993, S. 753.757)

78

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

 Fallbeispiel:

– CSR im Prozess

Vgl. Schwegler, Regina (2008): Moralisches Handeln von Unternehmen. Eine Weiterentwicklung des neuen St. Galler
Management-Modells und der Ökonomischen Ethik, Wiesbaden: Gabler, S. 284 ff.

Die
(Hamburg, 1949 gegründet) ist ein Versandhandelsunternehmen, das mittlerweile hinter amazon.de auch der zweitgrößte
Internethändler der Welt ist
(weltweit ca. 50.000 Mitarbeiter; Nettoumsatz ca. 11 Mrd. €).

Bereits seit vielen Jahren verpflichtet sich Otto auf das Ziel der
Nachhaltigkeit (1986 Umweltschutz als Unternehmensziel; 1996 Zertifizierung des
Otto-Umweltmanagementsystems nach ISO 14.001 usw.).

www.otto.com

Dabei handelt es sich aber nicht nur um cheap talk.
Vielmehr steht eine Vielzahl konkreter Maßnahmen dahinter: Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

79

Beispielsweise wird ein großer Teil des Textilsortiments nach dem Standard Öko-Tex 100 überprüft
(„hautfreundlich, weil schadstoffgeprüft“).
Als einer der weltweit größten Anbieter von Produkten aus kontrolliert biologisch angebauter Baumwolle bietet Otto diese unter dem Logo Pure Wear. Die reinste Mode an.
Seit 1999 verkauft Otto Holzmöbel mit dem Siegel des FSC
(Forest Stewardship Council) für nachhaltige Forstwirtschaft.
Ein großer Anteil der „Weißen Ware“
(Waschmaschinen usw.) sind ökologisch optimierter Geräte der Energieeffizienzklassen A, A+ und A++.
Alle aus Indien und Nepal importierten Teppiche tragen das Rugmark-Siegel
(keine Kinderarbeit usw.).

80

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

(1) Im Prozess des Ausbaus einer CSR-orientierten Unternehmensstrategie

gibt es aber natürlich ständig auch Probleme: So war das Projekt, ab 1996 verstärkt Textilien aus kontrolliert-biologischer
Baumwolle anzubieten, zunächst vom Controlling des Einkaufsbereichs (wegen der zu erwartenden
Verschlechterung des finanziellen Ergebnisses) abgelehnt worden und konnte nur durch eine unternehmensinterne Quersubventionierung ausgeglichen werden.

Im Prinzip lag also ein ökonomischer Konfliktfall vor: CSR+
Gewinn-

81

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Gleichwohl „interpretierte Otto die eigene Entscheidung für die Produktion von Öko-Baumwolle als zukünftige
Wettbewerbsstrategie, obwohl die Kunden zu der Zeit, als die Entscheidung fiel, nicht bereit waren, für ökologische
Kleidung mehr zu zahlen. Dennoch versprach sich das
Unternehmen langfristig einen Bewusstseinswandel und infolgedessen Differenzierungschancen auf den
Absatzmärkten“ (Regina Schwegler 2008, S. 292).
Zudem zeigt das Fallbeispiel die Relevanz genuin moralischer Interessen
(hier der Unternehmensleitung). Damit ergeben sich zwei Punkte:

• Einerseits müssen moralische Ziele immer in betriebwirtschaftliche Zahlen übersetzt werden, denn eine „Ethik (CSR) der roten Zahlen“ wäre logischerweise nicht nachhaltig,
• andererseits aber wird eine CSR ohne das
Vorhandensein echter moralischer Interessen im Management nicht wirklich initiiert werden!
Dr. Michael Otto
(1981 - 2007 Vorstandsvorsitzender, seit 2007 Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Gruppe)

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

82

(2) Und noch ein zweiter Punkt zur unternehmensethischen Strategie:
„Handel nur auf solche Staaten zu begrenzen, in denen bereits angemessene Umwelt- und Sozialstandards vorliegen, ist falsch. Handel muss gerade dort betrieben werden, wo Handlungsbedarf besteht“ (http://www.otto.com/FAQ.277.0.html).
Otto nutzt als Instrument zur schrittweisen Verbesserung Sozialaudits:

www.otto.com

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

83

Als normative Kriterien für diese Sozialaudits dienen diverse
Standards:
• Beispiel: Der SA 8000 ist ein zertifizierbarer Social Management
System Standard, der durch die Social Accountability
International (SAI) entwickelt worden ist, welche auch die berechtigten Zertifizierungsgesellschaften akkreditiert.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

84

85

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

(3) Managementethisch ergeben sich drei Punkte (oder Probleme):
• Man kann nichts erreichen, wenn man sich die Hände überhaupt nicht schmutzig machen will. Frage: Wo liegt die Grenze?
„Man muss ganz pragmatisch sehen, dass man in einem solchen
Land sich immer die Hände schmutzig macht. [Wichtig ist dann aber:] die Definition der eigenen Einflußsphäre zur
Veränderung in diesem Land.“ (Guido Palazzo 2011). http://www.videoportal.sf.tv/video?id=813335b9-f70f-467e-aa50-2d8f1607266a • Ein in Sachen Sozialverträglichkeit engagiertes Unternehmen gibt ein
Versprechen ab (vgl. Kasten rechts) und weiß gleichzeitig genau, dass es das
Versprechen „brechen“ muss.

Soziale
Handlungsgrundsätze
„2. Kinderarbeit ist bei der
Herstellung von Gütern oder der Erbringung von
Dienstleistungen für die
Gesellschaften der deutschen
Otto Gruppe untersagt“

„Was ist moralische Kommunikation?
[...] Sie geben ein Versprechen [...] und http://www.otto.com müssen eigentlich gleich mitkommunizieren, dass Sie das vermutlich nicht immer einhalten werden. Sie können über Ihren Lieferanten nicht Kinderarbeit, mangelnde Sozialstandards vollständig ausrotten. [...] Jemand, der verspricht, dass es [...] in seiner Wertschöpfungskette keine Probleme gibt, der verspricht etwas, was er nicht einhalten kann und wird dafür abgestraft werden.“ (Josef Wieland 2008) http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=3226422

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)



86
Ein Unternehmen, das sich in Sachen Moral engagiert, hat mit mehr moralischer
Kritik zu rechnen als wenn es nichts tun würde.  Als bloße PR-Masche endet management-„ethisches“
Engagement im eigenen Tor. Letztendlich muss man also wirklich hinter den moralischen Anliegen stehen und muss versuchen, sie Schritt für Schritt konsequent umzusetzen.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

3.3

87

Schließlich: Zur CSR-Begrifflichkeit

Nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Managementpraxis werden Begriffe wie Corporate Social Responsibility (CSR) oder
Corporate Citizenship (CC) austauschbar verwendet.
„Wir sind kein Sozialinstitut, [...] wir sind ein Unternehmen [...]. Aber aus diesem profit heraus ergibt sich eine soziale Verpflichtung, eine
Verantwortung [...]: To be a good corporated citizen! [...] Wir sagen: Go where the markets are – geh dahin, wo die Märkte sind und entwickle
Arbeitsplätze. Das gehört zu unserer sozialen Verantwortung. [...] Diese
Doppelfunktion: Produzieren von guten Produkten und soziale
Verantwortung zu übernehmen, bedeutet social responsibility. Und ich glaube, dass heute ein global player, wirklich, wenn er den
Wettbewerb auch erfolgreich gestalten will, unbedingt diese soziale
Verantwortung praktizieren muss. Es wird eine Wettbewerbsfrage sein. Wer diesen Wettbewerb wirklich erfolgreich führen will, muss sich sozial engagieren“ (Matthias Kleinert 2003, damals http://www.chat.targetnew.net/bmwi/startwin.html  Trotz des Begriffswirrwarrs sind CSR oder CC von der Sache her für Unternehmen ein relevantes Thema.
Hier gleichwohl der Versuch einer Begriffssystematik:

88

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Corporate Sustainability (CS)
Corporate Responsibility (CR) economic ecological

social

(CSR)
Corporate Social Responsibility
Corporate
Governance (CG)

Corporate
Citizenship (CC)

intraorganizational

extraorganizational

= StakeholderManagement

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

89

(1) Der Begriff der „Sustainability“ (Nachhaltigkeit) hat nicht zu Unrecht eine bemerkenswerte Karriere gemacht.
„Ein Patentrezept [...] gegen die Krise gibt es nicht, wohl aber ein patentes Wort: die Nachhaltigkeit. […] Die Luftschlösser der
Immobilienblase waren nicht nachhaltig […] Ich […] möchte aufzeigen, wie sich Nachhaltigkeit im unternehmerischen
Denken und Handeln erweisen muss“ (Franz Fehrenbach (2009):

Nachhaltigkeit und Unternehmertum („Börsenzeitung im Dialog“, am 27. Oktober 2009 in Stuttgart), Stuttgart 2009, S. 2).

Populär wurde der Begriff „sustainable (development)“ 1987 mit dem „Brundtland Report“.

Heute sind vor allem drei Bedeutungselemente konsensfähig:
• „Sustainability“ umschreibt ein (offenes) Ziel.
• Der Gegenstandsbereich von Nachhaltigkeit umfasst die wirtschaftliche, soziale und
Economy
ökologische Dimension:
Society
„Three Pillars (Spheres)“

Environment

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

90

• Im Hinblick auf die Umsetzungsmethoden ist das formale Merkmal einer zukunftsorientierten Prozessualität kennzeichnend:
„Sustainability is a form of ongoing inquiry. This perspective treats sustainability as a provisional goal. […] Sustainable development is a process of learning in which action is shaped by goals and goals are revised in the light of experience. The commitment to sustainability is understood as a commitment to this process, rather than to a fixed conception of the goal“ (David Laws / Roland W. Scholz / Hideaki Shiroyama / Lawrence Susskind / Tatsujiro
Suzuki / Olaf Weber (2004): Expert views on sustainability and technology implementation, in: International Journal of
Sustainable Development and World Ecology 11 (2004), pp. 247-261, 252-53).

„Corporate Sustainability“ (CS) meint dementsprechend das dreidimensionale Ziel einer nachhaltigen Entwicklung der Corporation
(des Unternehmens).
(2) Die (Management)Verantwortung für eine solche dreidimensionale nachhaltige Entwicklung der Corporation drückt der Begriff der „Corporate Responsibility“ (CR) aus.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

91

(3) Der Begriff der „Corporate Social Responsibility“ (CSR) wird nun etwas enger gefasst als CR. Er fokussiert vor allem die gesellschaftliche (soziale) und ökologische
Dimension (der wirtschaftlichen Operationen):
„20.

Most definitions of corporate social responsibility describe it as a concept whereby companies integrate social and environmental concerns in their business operations and in their interaction with their stakeholders on a voluntary basis.
21. Being socially responsible means not only fulfilling legal expectations, but also going beyond compliance and investing ‚more‘ into human capital, the environment and the relations with stakeholders“.
European Commission 2001,http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/en/com/2001/com2001_0366en01.pdf

(4) „Corporate Governance“ (CG) ist die Steuerung
(Governance) des Unternehmens durch das Management und meint im Zusammenhang mit CR das primär intraorganisationale
Instrumentarium für ein verantwortungsvolles
Unternehmensmanagement auf dem Markt:
„Corporate governance: a set of relationships between a company's management, its board, its shareholders and other stakeholders. Corporate
Governance also provides the structure through which the objectives of the company are set, and the means of attaining those objectives and monitoring performance are determined“. European Commission 2001

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

92

(5) Demgegenüber zielt der Begriff „Corporate Citizenship“
(CC) auf die extraorganisationale Engagement verantwortungsvoller Unternehmen für die Gesellschaft allgemein:
Der Begriff CC wird „in zwei Richtungen entwickelt:
• als Investition in Soziales Kapital

[z.B. Sponsoring von von Sozialeinrichtungen oder –aktivitäten zur Erhöhung des Vertrauens in unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem]

• und als Wahrnehmung ordnungspolitischer
Mitverantwortung“
(André Habisch 2003, unter Mitarbeit von René Schmidpeter und dem Center for Corporate

Citizenship e.V. (2003): Corporate Citizenship. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen in Deutschland
(Unternehmen und Gesellschaft; hg. v. Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie
(BDI) e.V.), Berlin / Heidelberg / New York et al: Springer, S. V).

„Corporate Governance“ (CG) und „Corporate Citizenship“
(CC) konkretisieren sich als Stakeholder Management, wobei
R. Edward Freeman das Strategic Management eben als den produktiven Umgang mit den „stakeholdern“ definiert hat:
„A stakeholder in an organization is (by definition) any group or individual who can affect or is affected by the achievement of the organization’s objectives“ (R. Edward
Freeman (1984): Strategic Management. A Stakeholder Approach, Boston, p. 46).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

93

Is CSR a “business case”? Yes & No – Contingency!
There are a lot of things that markets can do very well, e.g.:
Friedrich August von Hayek described competitive markets as
“discovery procedures”:
Competition is “a procedure for discovering facts which, if the procedure did not exist, would remain unknown or at least would not be used”
(Friedrich August von Hayek).
(1969): Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, in: ders.: Freiburger Studien. Gesammelte Aufsätze,
Tübingen: Mohr, S. 249 - 265, hier: S. 249).

Market competition “discovers”
• innovations,
• lower-cost ways of production
• ...
But, unfortunately it is the same market competition that can force companies to ignore ethically desirable goals:

94

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Company B
Child Labor NO

IV

Child Labor YES

2

4

I

Child Labor NO

2

1

Company A

1

3

Child Labor YES

III

4

3

II

Fig.: The Moral Dilemma of Competitive Market Pricing
(wenn die Marktsituation eine Dilemmasituation ist und keine Kontingenzsituation)

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

95

So, with regard to social purposes (e.g. reduction of child labor) a
Corporate Social Responsibility is not a priori business case.
And for this reason I doubt the optimistic view of Michael Porter:
There is a “link between competitive advantage and
Corporate Social Responsibility”.
“CSR can be much more than a cost, a constraint, or a charitable deed – it can be a source of opportunity […] and competitive advantage”.
“Strategic CSR [in contrast to mere “Responsive CSR”]
[...] unlocks shared value by investing in social aspects of context that strengthen company competitiveness”.
“Perceiving social responsibility as building shared value rather than as damage control or as a PR campaign will require dramatically different thinking in business. [...] CSR will become increasingly important to competitive success” (Michael E.
Porter 2006).
Michael E. Porter / Mark C. Kramer (2006): Strategy and Society. The Link between Competitive Advantage and Corporate Social Responsibility, in:
Harvard Business Review, Vol. 84 (12/2006), pp. 78 – 92, title. 80. 89.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

96

There are these enthusiastic appraisals of CSR:
“Corporate Social Responsibility [is] [...] the future of business. It's what companies have to do to survive and prosper in a world where more and more of their behavior is under a microscope”
(Jeffrey Hollender, CEO of Seventh Generation Inc., 2004).
Dust jacket of: Hollender, Jeffrey / Fenichell, Stephen (2004): What Matters Most. How a Small Group of Pioneers Is
Teaching Social Responsibility to Big Business, and Why Big Business Is Listening, New York: Basic Books.

But unfortunately, CSR isn’t always a Business Case:
“There is a business case for CSR, but it is much less important or influential than many proponents [...] believe.
CSR [...] makes business sense for some firms in some areas under some circumstances. [...] There is a place in the market economy for responsible firms. But there is also a large place for their less responsible competitors”
(David Vogel 2006).
(2005 / 2006): The Market for Virtue. The Potential and Limits of Corprate Social Responsibility, 2nd Ed., Washington:
Brookings Institutions Press, p. 3.

In my view, the harmony fiction, that CSR as such is a business case, is just that: a fiction.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

So, in my view “Corporate Social Responsibility” is
• a question (“What’s the social responsibility of a company in this area under these circumstances?”)
• and a task:

08

„The supposed alliance between ethics and economy is highly contingent. It depends both on how ethical behavior is defined and on the surrounding social and institutional context. […]
It is naïve to think that ethics pays any time and any place. It is also naïve to suppose that the two cannot be brought into a closer alignment“ (Lynn Sharp Paine 2000).
Does Ethics pay?, in: Business Ethics Quarterly 10 (2000), pp. 319 – 330, p. 325 f.).

Studien zum Zusammenhang zwischen
(Talaulicar 2006)
Gewinn und Moral (1972 – 2004)

+



positiver Zusammenhang kein Zusammenhang negativer Zusammenhang

97

+ –

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Agenda
Intro
1. (Legal) Compliance & (Organizational) Integrity.
Zwei managementethische Konzepte
2. Was ist eigentlich (Management-)Ethik?
3. Corporate Social Responsibility
4. Management-Ethik – Macro or Micro Approach?
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
Outro: Markets & Morals

98

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

99

Man kann makro- und mikro-orientierte
Konzeptionen einer Management-Ethik unterscheiden: (so bereits Brummer, James (1985): Business Ethics: Micro and Macro, in: Journal of Buslness Ethics 4 (1985), pp. 81 – 91).

4.1

Macro-Ethical Approach:
Ordonomic Ethics

Pies, Ingo (2009a): Moral als Heuristik. Ordonomische Schriften zur Wirtschaftsethik (Ökonomie und Ethik. Studien zur Sozialstruktur und Semantik moderner Governance; Bd. 8), Berlin: wvb.
Pies, Ingo (2009b): Moral als Produktionsfaktor. Ordonomische Schriften zur Unternehmensethik (Ökonomie und Ethik. Studien zur Sozialstruktur und
Semantik moderner Governance; Bd. 9), Berlin: wvb.

Vorab: Im Hintergrund der „ordonomischen Ethik“ oder „Ordonomik“ steht das ältere ordnungsethische Konzept von Karl Homann:
„Der systematische Ort der Moral in der Marktwirtschaft ist die
Rahmenordnung, die Struktur, die politisch gestaltet wird“ (Karl
Homann 1993).
„Wirtschaftsethik in der Marktwirtschaft ist paradigmatisch
Ordnungsethik“ (Karl Homann 1990).
Homann, Karl (1993): Wirtschaftsethik. Die Funktion der Moral in der modernen Wirtschaft, in: Wieland, Josef (Hg.): Wirtschaftsethik und
Theorie der Gesellschaft, Frankfurt (M.): Suhrkamp, S. 32 - 53, hier: S. 34 f.; Homann, Karl (1990): Wettbewerb und Moral, in: Jahrbuch für
Christliche Sozialwissenschaften 31, S. 34 - 56, hier: S. 41.

100

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Homann hat seit etwa 1991 sämtliche Probleme nach dem Muster des
„prisoner‘s dilemma“ (Gefangenendilemma) modelliert und daraus eine ökonomische Ordnungsethik entwickelt.
Unternehmen B
CO2-mindernde Technik
JA

IV

CO2-mindernde Technik
NEIN

4

2

CO2-mindernde
Technik JA

2

Em is s

Unternehmen A

1

I

1

io ns ha

nd

el

3

CO2-mindernde
Technik NEIN

III

4

3

II

Abb.: Unternehmen im Dilemma („Basisspiel“) und
Notwendigkeit ordnungspolitischer Reformen („Metaspiel“)



Angesichts des Wettbewerbsdilemmas kann laut Homann der (wirtschafts)ethische Hebel schlussendlich also nur in der Gestaltung der Ordnungsregeln bestehen (z.B. Einführung eines Emissionshandels).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)


09

101

Dieses Modell hat nun Ingo Pies (nebst MitarbeiterINNEn) zum
Konzept einer „Ordonomischen Ethik“ ausgebaut, die auch ein managementethisches Programm integriert.

Abb.: Das ordonomische Forschungsprogramm
(Pies 2009a, S. 3)

102

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

• Weiterhin wird erstens von Dilemmasituationen ausgegangen:

Abb.: Unternehmen im Dilemma

Abb.: Emissionshandel

(Pies 2009a, S. 9)

(Pies 2009a, S. 9)

Dieses Dilemma, in dem die
Unternehmen stecken, „kann nur dadurch gelöst werden, dass man sich klugerweise entschließt, ein anderes Spiel zu spielen“ (Pies 2009a,
S. 12):

Spielregeln geändert
= Dilemma behoben

103

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

• Um Dilemmasituationen auf zweckmäßige Weise auflösen zu können, braucht man zweitens ein zweckmäßiges Denkmuster
(eine „Semantik“): die „orthogonale Positionierung“.

= Win-Win

Abb.: Die orthogonale Positionierung (Win-Win)
(Pies 2009b, S. 236)

„[D]ie Methode der ‚orthogonalen Positionierung‘ propagiert einen Wechsel der Blickrichtung um 90° und lädt dazu ein, die
Konfliktlösung nicht innerhalb des Tradeoffs, sondern jenseits des Tradeoffs zu suchen“ (Pies 2009a, S. 7).
[...]

104

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

• Und drittens werden diese
Elemente zum Modell des
„Drei-Ebenen-Schemas“
koordiniert:

(Meta-Metaspiel:
Semantik)

(Metaspiel:
Sozialstruktur)

(Basisspiel:
Operatives Geschäft)

Das Basisspiel ist das Alltagsgeschäft des Wettbewerbs. „Im Metaspiel […] werden die Regeln vereinbart, nach denen das Basisspiel gespielt wird. Im
Meta-Metaspiel hingegen geht es darum, sich im Diskurs über Regeln zu verständigen, die im gemeinsamen Interesse liegen könnten. […] Gegenstand des
Metaspiels ist die Sozialstruktur. Gegenstand des Meta-Metaspiels ist die
Semantik. Deshalb lässt sich das Metaspiel als Regelsetzungsprozess auffassen und das Meta-Metaspiel als Regelfindungsdiskurs“ (Pies 2009a, S. 11).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Und nun die spezielle Anwendung auf eine
„Management-Ethik“:

Optimierungskompetenz

105

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

106

Pies, Ingo / Hielscher, Stefan / Beckmann, Markus (2009): Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensethik. Ein ordonomischer Beitrag zum Kompetenzaufbau für Führungskräfte, in: DBW - Die Betriebswirtschaft 69 (3/2009), S. 315 - 330.

(1) Zunächst heben Pies, Hielscher & Beckmann wirtschaftsethisch hervor, dass es die Marktwirtschaft war, die zu unserem Wohlstand geführt hat. Aufgrund dieser segensreichen Effekte des
Marktwettbewerbs sprechen sie von der „Notwendigkeit einer wirtschaftsethischen Einbettung der Unternehmensethik“:
„Bettet man die Unternehmensethik in diese wirtschaftsethische Konzeption
[der Ordonomik] ein, dann steht das
Gewinnprinzip als solches für die
Unternehmensethik nicht mehr zur
Disposition. [...] Deshalb kann es nur darum gehen, Anreizarrangements zu (er-)finden, die eine Kompatibilität zwischen Gewinn und Moral herbeiführen und so die Logik der
Marktwirtschaft nicht außer Kraft setzen, sondern forciert in Kraft setzen“ (Ingo Pies / Stefan Hielscher / Markus Beckmann (2009):

Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensethik. Ein ordonomischer Beitrag zum Kompetenzaufbau für Führungskräfte, in: DBW - Die
Betriebswirtschaft 69 (3/2009), S. 315 – 330, S. 320 f.).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

107

(2) Das „Basisspiel“ des operativen Managements sollte also stets ein Marktspiel sein (Managementaufgabe: „Optimierungskompetenz“).
So wird „die Unternehmensethik aus einer wirtschaftsethischen
[= marktorientierten] Perspektive heraus entwickelt“ (Pies et al 2009, S. 321).

(3) Im nächsten Schritt werden zwei Arten des
Managements unterschieden:
„Zu unterscheiden sind zwei Arten des Managements. Ein erster
Problemlösungsmodus – operatives Management – lässt sich kennzeichnen als Optimierung von Spielzügen bei gegebenen Spielregeln.
Ein zweiter Problemlösungsmodus – strategisches Management – lässt sich kennzeichnen als Gestaltung der Spielregeln“ (Pies et al 2009, S. 323).

Wenn sich das „Basisspiel“ (des operativen Managements) nun aber als ein Dilemma (zwischen Gewinn und Moral) erweist (= paretoinferiores Nash Equilibrium), dann gibt es auf der Ebene des operativen Managements (Spielzüge) keinen Ausweg:
„Gelöst werden kann das Problem nur durch ein Umschalten auf den zweiten Problemlösungsmodus: durch ein strategisches Situationsmanagement, das die Regeln und damit die Anreize neu justiert“
(Pies et al 2009, S. 323).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

108

(4) Und genau (oder: erst) hier – auf der Ebene des strategischen
Managements – beginnt bei Pies et al. die Management-Ethik:
„Die Kompetenzen von [„ethischen“] Managern müssen sich auf
Sozialstruktur und Semantik beziehen. Für den Aufbau solcher
Kompetenzen kann eine ordonomisch fundierte Wirtschafts- und
Unternehmensethik wichtige Beiträge leisten“ (Pies et al 2009, S. 324).

Dabei geht es auf der Ebene der „Sozialstruktur“ darum, das kontraproduktive Lose-Lose-Dilemma in eine Win-Win-Situation zu transformieren (Managementaufgabe: „Governancekompetenz“).
„Neben [...] Governance-Prozessen organisationsinterner
Regelsetzung können Manager im Fall von Ordnungsdefiziten aber auch [...] an New-Governance-Prozessen gesellschaftlicher
Regelsetzung konstruktiv teilzunehmen“ (Pies et al 2009, S. 328).

Ziel der Regelsetzung ist die Generierung einer Win-Win-Logik, die bewirkt, dass das operative „Basisspiel“ wieder exklusiv als ökonomische
Optimierungsstrategie gespielt werden kann.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

109

(5) Für die Governance im „Metaspiel“ braucht man auf der Ebene des
„Meta-Metaspiels“ eine inhaltliche Vorstellung von der
(Steuerungs)Richtung, eine „Semantik“ als zweckmäßiges
Denkmuster, und das ist das Win-Win-Muster der „orthogonalen
Positionierung“ (Managementaufgabe: „Orientierungskompetenz“).

Es sollte deutlich geworden sein, dass diese Management-Ethik einen Macro-Ethical Approach verfolgt:
• Im Grunde geht es auf allen Ebenen um die Ordnungsregeln
(eben: Ordonomic Ethics). Der Hebel, moralische Ziele zur
Geltung zu bringen, sind stets die Regeln (Macro-Ethical Approach).
• Dabei ist der Macro-Ethical Approach eigentlich ein MacroEconomic Approach:
Moral wird als Win-Win definiert.
= Win-Win

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

110

„Auf der Grundlage dieser wirtschaftsethischen Konzeption geht es der
Unternehmensethik nicht um die Aufgabe der Marktlogik [bzw. der
Win-Win-Logik], sondern um die Aufgabe, der Marktlogik [bzw. der
Win-Win-Logik] neue Anwendungsfelder zu erschließen“ (Ingo Pies /
Stefan Hielscher / Markus Beckmann (2009): Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensethik. Ein ordonomischer Beitrag zum Kompetenzaufbau für Führungskräfte, in: DBW - Die Betriebswirtschaft 69 (3/2009), S. 315 – 330, S. 321).

Und „neue Anwendungsfelder“ – z.B. CO2-mindernde Technik –
„erschließt“ man „der Marktlogik“, wenn man die Spielregeln des
Marktes so ändert (beispielsweise über einen Emissionshandel), dass der Einbau von CO2-mindernder Technik betriebwirtschaftlich vorteilhafter wird als alle Alternativen.
Kommentar Schramm
Ingo Pies hat nebst Mitarbeitern mit der „Ordonomic
Ethics“ ein bemerkenswert durchgearbeitetes
Konzept vorgelegt, das für den Fall, dass sich die
Managementsituation tatsächlich als echte
Dilemmasituation darstellt, auch durchaus plausibel ist. Aber:

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

111

Kritische Punkte dieses Konzepts
(1) Die Reduktion von Moral auf Win-Win (Positivsummenspiele) ist m.E. ontologisch falsch; d.h. sie verkennt das Wesen
(die „Natur“) der Moral.
Selbstverständlich ist das ökonomische Eigeninteresse legitim und Win-Win eine wünschenswerte Sache. Auch gibt es m.E. keinen Primat der Moral. Aber:

• Win-Win ist einfach etwas Anderes als der moral point of view:
Während es dem moral point of view um Unparteilichkeit (Fairness gegenüber allen) geht, ist Win-Win einfach „Geschäft“, produktiver
Tausch zweier Parteien mit (ökonomischen) Eigeninteressen.
• Der moral point of view thematisiert die Frage einer unparteilichen
Fairness in menschlichen Beziehungen („wertrational“), der economic point of view (Win-Win) hingegen ist mit seinem Abzielen auf
Kooperationsrenten in Positivsummenspielen eine Intelligenzfrage
(„zweckrational“).
Rückfrage: Ingo Pies schreibt von „legitimen“, „schützenswerten“
Fremdinteressen (Pies 2009a, S. 23, A. 13; Pies 2009b, S. 236). Wieso „schützenswert“ ?
• Weil Kooperationsrenten verloren gehen könnten
(= economic point of view = Intelligenzfrage) ?
• Oder weil eine Missachtung unfair wäre (= moral point of view) ?

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

112

Die Reduktion von Moral auf Win-Win (Positivsummenspiele) verwechselt m.E. die evolutionäre Genese von Moral mit ihrem gültigen Inhalt.
Robert Wright describes two correlated but distinct things:
a) a process of expanding non-zero games in human history, driven by self-interest:
The „non-zero-sum opportunities […] are exploited for the sake of self-interest [...]. That’s the magical thing about non-zero-sumness; it translates rational selfishness into the welfare of others“ (Robert Wright 2009: The Evolution of God, New York /
Boston / London: Little Brown & Company, p. 428).

b)

and the „moral progress“ as the discovery of the
„moral truth“ of mutual respect and impartiality („to put ourselves in the shoes of another person“):
„[O]ur ‚moral imagination‘ [is] our capacity to put ourselves in the shoes of another person“ (p. 418). „That moral order has revealed itself via ever widening circles of non-zero-sumness that draw people toward the moral truth that mutual respect is warranted. [...] [I]t is the moral imagination whose growth often paves the way for that truth

[...]. Love, you

“ (p. 456).

might say, is the apotheosis of the moral imagination

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

113

(2) Es wird von der (m.E. empirisch falschen) Voraussetzung ausgegangen, dass sämtliche Situationen des operativen
Managements ausschließlich Dilemmasituationen seien.
„Kontingenzsituationen“ sind nicht vorgesehen.
Es gibt aber zahllose empirische Belege für „Kontingenzsituationen“ im operativen Management:

Ich werde diesen Unterschied
„Dilemmasituationen“ einerseits und
„Kontingenzsituationen“
andererseits noch ausführlicher anhand einer Case Study darstellen.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

114

(3) Schließlich wird bei Pies et al. von der (m.E. verkürzten) Prämisse ausgegangen, die Managementaufgabe im „Basisspiel“ bestehe exklusiv in einer „Optimierungskompetenz“
(ökonomische Gewinnoptimierung).
Die empirisch oftmals vorfindliche „Polydimensionalität“ in
Managemententscheidungen wird hier ausgeblendet
(so dass es auf der Ebene des operativen Managements also gar keine Management-Ethik gibt).

In vielen management-ethischen Fragen wäre es m.E. schlichtweg eine Simplifizierung des Problems, würde man die relevanten
Aspekte exklusiv auf die ökonomische Dimension (Win-Win) eindampfen. Beispielsweise ging es im Fall des Ford Pinto gerade um einen Konflikt zwischen ökonomischen Werten (11 $ pro
Plastikschild) und genuin moralischen Werten („unverrechenbare“ Würde des
Menschen), nicht nur um das Abschöpfen von (potenziellen) Kooperationsrenten.

 Auf der Implementierungsebene sind sehr unterschiedliche
Dimensionen präsent.

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

115

„[F]irms are polylingual systems. Unlike the market, which has to code every event in prices in order to be able to communicate it, firms have to be able to simultaneously or selectively evaluate and process relevant events in many different ‘language games’ - economy, technology, law,
[…] morality“ (Josef Wieland ).
(2001): The Ethics of Governance, in: Business Ethics Quarterly 2:1, pp. 73 – 87, p. 79.

Die lokale operative Situation des Managements ist empirisch nicht monolingual ökonomisch, sondern polylingual
(polydimensional).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

4.2

116

Micro-Ethical Approach: Transaction Ethics

Weil man die unterschiedlichen Dimensionen der lokalen operativen
Situation des Managements verliert, wenn man makroökonomisch alles nur in der „Sprache“ win-win-orientierter Regeln kodiert, erscheint mir ein mikroanalytischer Approach, der die einzelnen
Transaktionen des Managements auf der Implementierungsebene fokussiert, angemessener.
Einschlägig ist hier natürlich zunächst einmal die Transaction Cost Economics – die allerdings (zumindest bei Oliver Williamson) erneut ökonomisch monolingual ansetzt.

TÜ 4.2.1 Transaction Cost Economics (Anm.: noch keine Transaction Ethics!)
10 Das Ausgangsproblem der Transaction Cost Economics war die Frage,

wieso es neben den Märkten überhaupt Firmen gibt.

„[I]n the beginning there were markets“

(Oliver Williamson (1975): Markets and Hierarchies. Analysis and Antitrust Implications. A Study in the Economics of Internal Organization, New York: Free Press, p. 20).

Wieso hat dann die Evolution der Marktwirtschaft
Unternehmen (firms) hervorgebracht?

117

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Coase, Ronald H. (1937): The Nature of the Firm, in: Economica 4, S. 386 - 405.

Erst 1937 hatte sich Ronald H. Coase genau diese Frage gestellt, was denn die „nature of the firm“ sei – im
Unterschied zur „nature of the market“. Oder: Wieso gibt es Unternehmen?

(ökonomische) Antwort: Es hängt an der Höhe der
„Transaktionskosten“ !
 „Transaction Cost Economics“
Aber: Während für Ronald Coase (*1910) die Firma selber noch eine black box blieb, wollte Oliver Williamson (*1932) den Inhalt der black box (= „the mechanisms of firms“) untersuchen:
„Transaction costs […] both explain
[1.] the decision to shift a transaction from the market into the firm, and
[2.] within the firm, what organization form will be chosen“
(Oliver Williamson (1975): Markets and Hierarchies. Analysis and Antitrust Implications. A Study in the Economics of Internal Organization, New York: Free Press, p. 84).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

118

Genau dies hat Williamson auch nach seinem Nobelpreis (2009) als seinen entscheidenden Schritt gekennzeichnet:
„They [traditional economists] mainly just emphasized the existence of firms rather than the mechanisms of firms.
And firms were often referred to as a black box […]. We had to open that black box and had to examine the mechanisms inside“ (Oliver Williamson 2009, http://www.youtube.com/watch?v=cdX7Gm0rcxc).

Und die ultimative Basiseinheit für diese Untersuchung der firmeninternen
Mechanismen war für
Williamson die einzelne
„transaction“.
In seiner Nobel Lecture beruft er sich dabei auf ein Zitat von John R.
Commons (1932), lässt aber interessanterweise eine entscheidende
Passage weg:

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

119

Denn das originale Zitat von Commons lautet:
„[T]he ultimate unit of activity that correlates law, economics and ethics must contain in itself the three principles of conflict, mutuality, and order. This unit is a transaction“ (John R. Commons (1932): The

Problem of Correlating Law, Economics, and Ethics, in: Wisconsin Law Review 8 (1932), pp. 3 - 26, p. 4).

http://books.google.de/books?id=bC2mn5wW1MwC&pg=PA453&lpg=PA453&dq=John+R.+Commons+(1932):+The+Problem+of+Correlating+Law,+Economics,+and+Ethics,+in:+Wisconsin+Law+Review+8+(1932),+pp.+3+-+26&source=bl&ots=0sfoQMPybV&sig=2Fq9RTXn2mYqKDVL5Wq3JzCTuGQ&hl=de&ei=Rg3pS-L1DdKVOIzg-ZIL&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CBkQ6AEwAA#v=onepage&q&f=false

John R. Commons (1932):

The Problem of Correlating Law, Economics, and Ethics,

in: Wisconsin Law Review 8 (1932), pp. 3 - 26, p. 4).

http://books.google.de/books?id=bC2mn5wW1MwC&pg=PA453&lpg=PA453&dq=John+R.+Commons+(1932):+The+Problem+of+Correlating+Law,+Economics,+and+Ethics,+in:+Wisconsin+Law+Review+8+(1932),+pp.+3+-+26&source=bl&ots=0sfoQMPybV&sig=2Fq9RTXn2mYqKDVL5Wq3JzCTuGQ&hl=de&ei=Rg3pS-L1DdKVOIzg-ZIL&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CBkQ6AEwAA#v=onepage&q&f=false

Auch den von Commons beispielsweise benannten Aspekt der „mutuality“ versteht Williamson rein ökonomisch als „mutual gain“.
Williamson weiß dabei wohl, dass seine Verwendung des Ansatzes von
Commons eine Perspektivenverengung darstellt:
„It‘s not clear, that this is the way he meant it, but it‘s the way that I employ it“ (Oliver Williamson 2009, Nobel Prize
Lecture).

But: It is pretty clear, that this is not the way he (John
R. Commons) meant it !

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

120

Wie konzeptionalisiert Williamson‘s ökonomischer Approach nun das Transaktionskostenproblem „within the firm“ ?
(1) Williamson setzt vertragstheoretisch an:
„Transaction cost economics is mainly concerned with the governance of contractual relations“ (Oliver Williamson (1994):

Transaction Cost Economics and Organization Theory, in: Smelser, Neil J. / Swedberg, Richard (Ed.): The Handbook of Economic
Sociology, New York, pp. 77 – 107, p. 80).

Bei dieser Governance vertraglicher Beziehungen sieht er vor allem das Problem vertraglicher Gefahren/Risiken:
„More generally, the study of governance is concerned with the identification, explication, and mitigation of all forms of contractual hazards“ (Oliver Williamson (1996): The Mechanisms of Governance, New York / Oxford: Oxford University Press, p. 5).

(2) Dieser „negative“ Approach beruht auf den zwei spezifischen
„behavioral assumptions“, die Williamson voraussetzt:
i.
ii.

„opportunism“ („Opportunismus“)
„bounded rationality“ („beschränkte Rationalität“)

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

121

„Transaction cost economics expressly adopts the proposition that human cognition is subject to bounded rationality […]. Transaction cost economics describes it [= bounded rationality] […] as opportunism – to include selfinterest seeking with guile“ (Oliver Williamson 1996, p. 224).
„The condition of self-interest to which transaction cost economics subscribes is that of opportunism, which goes beyond simple self-interest to include self-interest seeking with guile“ (Oliver Williamson 1998, p. 3; zit. nach Waldkirch 2001, S.
159).

„Opportunism is an effort to realize individual gains through a lack of candor or honesty in transactions. It is a somewhat deeper variety of self-interest seeking assumption than is ordinarily employed in economics; […] opportunism is self-interest seeking with guile“ (Williamson /
Wachter / Harris 1975, S. 258f.).

Das Problem liegt also im
Schutz vor opportunistischem Verhalten:

„[O]rganize transactions so as to economize on bounded rationality while simultaneously safeguarding them against the hazards of opportunism“ (Oliver Williamson 1993 / 1996, p. 254).

122

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

(3) Das Opportunismusproblem wird insbesondere relevant, wenn es um spezifische Investitions-Transaktionen geht:
„Transaction cost economics assumes that human agents are subject to bounded rationality […] and are given to opportunism […]. Transaction cost economics further maintains that the most critical dimension for describing transactions is the condition of asset specificity“ (Oliver Williamson (1985): The
Economic Institutions of Capitalism. Firms, Markets, Relational Contracting, New York: The Free Press, p. 30).

• „Specifity“ liegt (formal) dann vor, wenn sich eine Transaktion um assets dreht, deren allgemeiner Wert durch eine spezifizierte Beschaffenheit (= „Einzweckinvestitionen) abnimmt („lock-in“-Effekt).
Beispiel: eine spezifische Maschine, die
(Zuliefer)Teile für einen bestimmten Kunden
, hier eine Pressenlinie von produziert , die spezifische Struktur- und
Blechteile für deutsche
Automobilhersteller fertigt.
(Pies 2001, S. 10)

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

123

Vgl. Klein / Crawford / Alchian (1978), pp. 298-302; Pies (2001), S. 106 f.

• P1 = Preis, den der Kunde für die speziell auf ihn abgestimmten
Maschinenleistungen zu zahlen verspricht
• P2 = Preis, der mit anderen Kunden noch vereinbart werden könnte, wenn die ursprüngliche Transaktion absprachewidrig abgebrochen würde
• J=
Schrottwert (junk value) der Maschine
P1 > P2 > J

ausbeutbare „Quasi-Rente“ = P1 – P2

 Weil der Zulieferer nicht weiß („bounded rationality“), ob der Autohersteller sich opportunistisch verhalten wird, also die Spezifität der Investition ausnutzen wird
(z.B. durch ein Absenken des Abnahmepreises), bedarf es einer speziellen „governance of contractual relations“.
„Transaction cost economics poses the problem of economic organization as a problem of contracting. A particular task is to be accomplished. It can be organized
[= governed] in any of several alternative ways. Explicit or implicit contract and support apparatus are associated with each. What are the costs?“ (Oliver Williamson 1985, p. 20).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

124

(4) Dieses kostenorientierte Vorgehen bei wirtschaftlichen Transaktionen kann nun mehrere Vertragsformen unterscheiden:
Williamson (1985, p. 31)

Dabei versteht er seine Verhaltensannahmen explizit als
Beschreibung der (wirtschaftlichen !) Wirklichkeit – und nicht nur als methodische Prämisse: (gegen Hirsch 2001, S. 123; Waldkirch 2001, S. 158)

(Oliver Williamson

1985 / 1990, S. 76).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

125

Williamson (1985, p. 67)

D.h.: Nur der rot eingerahmte Fall ist die (Geschäfts)Wirklichkeit:

(5) Das also sind die „Zutaten“/Erklärungsfaktioren

(1. „bounded rationality“; 2. „opportunism“; 3. „asset specificity“),

die Williamson nutzt, um mikroanalytisch das, was wirklich geschieht, in den Blick zu nehmen – die Transaktion:
„The transaction is the basic unit of analysis“
(Oliver Williamson 1985, p. 41).

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

126

4.2.2 Transaction Ethics statt Transaction Cost Economics.
Grundsätzliche Anmerkungen zu Williamson
1.

M.E. ist der Ansatz bei den Transaktionen weiterführend, denn die Transaktionen sind das, was wirklich geschieht.

2.

Zu kritisieren ist allerdings die ökonomistische Verengung von Transaktionen.
Williamson hebt (wie schon Coase) auf die Höhe der Transaktionskosten ab, um zu erklären, warum es Firmen gibt und wie die Governance „within the firm“ auszugestalten sei.
Dabei wird jedoch vorausgesetzt, dass das „Wesen“ („nature“) der
Firmentransaktionen „ontologisch“ doch das gleiche sei wie das „Wesen“
Coase, Ronald H. (1937): The
Nature of the Firm, in:
Economica 4, S. 386 - 405.
(„nature“) der Markttransaktionen: das „Wesen“, die „Natur“, die „Sprache“ all dieser Transaktionen seien ausschließlich die transaction costs.

Ich bin jedoch der Auffassung, dass die „Nature of the
Market“ eine andere ist als die „Nature of the Firm“:





Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

127

Tatsächlich ist aber die „Nature of the Market“ eine andere ist als die „Nature of the Firm“:
Während die Natur des Marktes (System) eine „monolinguale“ ist
(nur die eine Sprache der Preise; monetäres Framing) und diese
Marktsprache der Preise/Kosten „[f]ür Wirtschaftsorganisationen
[...] eine verbindliche Leitdifferenz“ (Wieland 1996, S. 76) darstellt, sind
Unternehmen und ihre Transaktionen gleichwohl polylingualer
Natur:
„[F]irms are polylingual systems. Unlike the market, which has to code every event in prices in order to be able to communicate it, firms have to be able to simultaneously or selectively evaluate and process relevant events in many different ‘language games’ economy, technology, law, […] morality.“
(Josef Wieland)
(2001): The Ethics of Governance, in: Business Ethics Quarterly 2:1, pp. 73 – 87, p. 79.

In der Konsequenz steht das Management in vielen dieser einzelnen Transaktionen des alltäglichen Geschäfts faktisch auch vor der Frage: ethische Integrität JA oder NEIN?

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

128

3.

Es ist daher zu kritisieren, dass Williamson von der
Voraussetzung ausgeht, sämtliche Entscheidungen des operativen Managements seien ausschließlich
„opportunistisch“.
(„Integrität“ ist nicht einmal als Möglichkeit vorgesehen.)

4.

Ebenfalls kritisch zu sehen ist von daher auch die Tatsache, dass es bei Williamson von vornherein also keine
Management-Ethik, sondern nur ein opportunistisches
Gewinnstreben geben kann.
(Eine „Polydimensionalität“ in Managemententscheidungen ist ebenfalls nicht einmal als Möglichkeit vorgesehen.)





Insofern hat eine „Transaction Ethics“ nicht von Williamson, sondern von Commons auszugehen:

John R. Commons (1932):

The Problem of Correlating Law, Economics, and Ethics,

in: Wisconsin Law Review 8 (1932), pp. 3 - 26, p. 4).



Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

Agenda
Intro
1. (Legal) Compliance & (Organizational) Integrity.
Zwei managementethische Konzepte
2. Was ist eigentlich (Management-)Ethik?
3. Corporate Social Responsibility
4. Management-Ethik – Macro or Micro Approach?
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
Outro: Markets & Morals

129

Schramm  Management-Ethik (WS 2013-14)

(Detail)Agenda Kapitel 5
5. Transaction Ethics.
Polydimensionales Kontingenz-Management
5.1 „Transaction Ethics“. Das Grundkonzept
5.2 Die Fairness des Produktpreises
5.3 Management von Korruptions-Rhizomen
5.4 The Extended „Going Concern“:
Stakeholder-Kooperationen &
Nachhaltigkeitsmarketing
5.5 Verantwortungsmanagement „auf deutsch“ ?
5.6 Markt, Macht & Moral

130

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...3 & 4. Research question and objective. Our first challenge was finding an interrelated theme for family business, that wasn’t too obvious or researched too much already, as we actually want to fill a small knowledge gap with this research. Therefore we choose innovation, because there is a lot of controversy to it about the innovativeness of family businesses. Also, innovation intrigues us very much, as it often determines the succeeding or failing of a company. After brainstorming we came up with the following research question: “How can we explain that family businesses, in comparison to non-family businesses, tend to be more innovative than is often assumed?” This question allows us to investigate the strengths of family businesses and...

Words: 1148 - Pages: 5

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Role of Innovation in the Economic Growth

...the Role of Innovation in the Economic Growth Process Surrounding the Role of Innovation in the Economic Growth Process Innovation Innovation is an essential element for any organization in order to survive, grow and significantly influence the direction of any industry. Development does not; however, guarantee success, but most be followed up with successive streams of innovation and change, from the incremental to the radical. The most reliable way to be successful in the industry is to innovate better and longer than the competitor, leading companies develops innovation portfolios that they can use to help sustain growth over the long term. Innovation and change is an essential part of any business activity, but only some people recognize its importance and significance. Often, management fails to notice the implication of innovation and change, which becomes the reason of the change failure. Innovation can be summarized in two main areas: innovation is doing something nobody has done in the history of the world or do something that we have not done before. Innovation does not always fit with what we do, and a lot of new opportunities that are found in the company do not sit well with her. So the first step is to create a "space" where these opportunities can be developed, at their own pace and without neglecting the routine tasks. It is therefore; necessary to release resources to enable people to experiment with these new ideas. It is also necessary that...

Words: 2612 - Pages: 11

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Syllabus of Mba 3rd Trim(Gitam, Hbs)

...TRIMESTER III S.No. | Code No. | Title of the Course | 1. | HMPRBA 301 | Strategic Management | 2. | HMPRBA 302 | Entrepreneurship Development | 3. | HMPRBA 303 | Corporate Governance | 4. | HMPRBA 304 | Management of Public & Private Participation | 5. | HMPRBA 305 | Marketing Research | 6. | HMPRBA 306 | Financial Management | 7. | HMPRBA 307 | Operations & Supply Chain Management | 8. | HMPRBA 308 | Innovation Management | 9. | HMPRBA 309 | Current Business Affairs & Soft Skills | 10. | HMPRBA 310 | Minor Project (8 weeks) & Viva - Voce | HMPRBA-301: Strategic Management The objective of this course is to acquaint students with the concepts, methods and tools of strategic management and their application in industry. UNIT I: Strategic Management-Basic process of strategic management; Benefits and limitations of strategic management; Goals and objectives, Business Vision, Mission and Objectives. UNIT II: Environment and Resources Analysis: Environmental Analysis, Industry and Competitive Analysis, the External Factor Evaluation (EFE) Matrix, Competitive Profile Matrix (CPM), Internal Analysis; Internal Factor Evaluation (IFE) Matrix, Porter’s Five Forces Model, SWOT Analysis and VRIO framework. UNIT III: Strategy Formulation: Porters Value chain - Generic competitive strategies - Portfolio Analysis and its limitation - BCG matrix and GE matrix - Building competitive - advantage for a firm - Strategy versus tactics...

Words: 2945 - Pages: 12

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Future Innovations on Phones

...IIM Lucknow NOIDA CAMPUS | Identifying Innovation Strategy for Primary Education in rural India | SMTI Project Proposal | 30th-Dec-2013 | Submitted To:Prof Arun K Jain | Submitted By:Ajit JhaVikas HajelaYogesh Verma | WMP08052WMP08093WMP08095 | | Section- B | | Contents Executive Summary: 2 Few common issues in rural education in India 2 Research Objectives 3 Approach 3 References 3 Executive Summary: The number of illiterates in India is estimated to be over 400 million of which 75% live in rural areas. Of the literate population, a significant proportion lack basic vocational skills. India has world-class institutes of higher learning, such as the IITs, IIMs and medical colleges but the rural India still remain isolated to them. India’s most valuable intellectual capital migrates to western countries keeping gap in demand and supply of such intellectual capital in India, therefore we need to develop the equal opportunities for the isolated communities and enable them to access the elitist structure of Indian education. With the weak and tottering foundation India will not be able to achieve social and economic development The key challenge of India is to rapidly provide opportunities to the rural population to empower them with education and make them literate, and develop basic leadership and problem-solving skills. Have strong basic education foundation rural India will be able to raise productivity, entrepreneurship and material standards...

Words: 702 - Pages: 3

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Marketing and Innovation, the Same Fate

...Marketing and Innovation, the same fate. Sandor Luis Miranda. Student Number: 20145716003 ABSTRAC In this paper a literature review on the development of the innovation process in the course of the years and the importance of SMEs for the same is made. Turn reference to the relevance of the innovation process presented in the marketing strategy of companies to succeed in an increasingly dynamic, demanding and competitive market is. The article also different classifications of innovation are explained according to their degree of implementation, degree origin effect of innovation and its origin, as well as generations or models that have characterized the process of innovation over time. Key words: Innovation, Marketing, Management INTRODUCTION. In an era of globalization and high competitiveness of products, as it is in the changing world of marketing you need to be alert to the demands and expectations of the market, it is vitally important innovation factor. Competitiveness and the need to innovate to continue and grow in the current and future market are concepts used daily in many institutions. The marketing of innovation is a novel approach to technology management to solve the problem of linking research, technological development and the world of new business efficiently. Innovation and marketing are, in competitive markets today, two fundamental tools for business differentiation. Two tools capable of supporting a company as a market leader. The...

Words: 4060 - Pages: 17

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Is Vct

...Elective Selection Process. 2 2 2 2 3 3 2. SCHEDULE FOR ADVANCED ELECTIVES OFFERED DURING SEMESTER II 2014/2015. 2.1 MTech SE and KE Students. 2.2 MTech EBAC Students. 5 5 9 3. CURRICULUM. 12 4. DESCRIPTION OF COURSES. 4.1 Department of Electrical & Computer Engineering. 4.2 School of Computing. 4.3 Institute of Systems Science. 4.4 Department of Industrial & Systems Engineering. 4.5 Division of Engineering & Technology Management. 12 15 23 31 32 34 ATA/SE-DIP/TS-11/V1.34 page 1 of 35 Master of Technology in Software /Knowledge Engineering and Enterprise Business Analytics MASTER OF TECHNOLOGY Advanced Electives 1. INTRODUCTION 1.1 Overview All students that expect to have passed four core courses and eight basic electives after completing the scheduled examinations in November, and also have or expect to pass their project/internship, will be entitled to commence their Advanced Electives in NUS Semester II 2014/2015, which starts on 12 January 2015. However, it should be noted that a student’s registration for the Advanced Electives will be withdrawn if they either: 1. 2. 3. 4. 5. Fail any elective examination in November. Do not successfully complete their project/internship. For SE/KE Students: Do not achieve a CAP of at least 2.8. For EBAC Students: Do not achieve a CAP of at least 3.0. Do not meet NUS Academic Standing rules. Note that the examination results will only be published in early January 2015. Hence students who do not meet the...

Words: 15607 - Pages: 63

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Promotion of Technology & Innovation by Indian Govt.

...MANAGEMENT OF TECHNOLOGY, INNOVATION AND CHANGE – MS(WE) 114 MBA 2nd Semester (2014-15) TERM PAPER On Promotion of Technology & Innovation by Indian Govt. Submitted By: Name- Shivam Sharma (Enrolment No 05316603914) Submitted To: Prof. Anil K Saini USMS GGS IP University, New Delhi INDEX S.no | Topic | Page no. | Signature | 1 | Introduction | 3 | | 2 | Objective | 4 | | 3 | Findings | 5 | | 4 | Conclusion | 12 | | 5 | References | 13 | | Introduction In spite of having a large publicly funded science and technology infrastructure and a sizeable education base, India has not been able to realize its innovative potential due to a fragmented innovation ecosystem. The government of India has taken many initiatives towards strengthening the innovation ecosystem, the most important of which are: i) the establishment of the National Innovation Council, whose mandate is to coordinate various innovation-related activities, and ii) the new Science, Technology and Innovation Policy 2013, which is intended to promote entrepreneurship and science-led solutions for sustainable and inclusive growth. This article describes the current innovation ecosystem and the challenges it faces, and it discusses the efforts made by the government towards the promotion of innovation. With the implementation of this new policy the early indications are that India is poised to take a big leap towards innovation-led growth. In March...

Words: 3536 - Pages: 15

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Influence of Organisational Culture

...structures, practices, and policies. In turn, these structures, practices, and policies guide and shape individual creativity by creating a climate that communicates both the organization's goals regarding creativity and the means to achieve those goals. The paper concludes with a discussion of issues relating to the development of cultures and climates for creativity and potential new directions for future research. ABSTRACT The important role of creativity in brganizations is attracting an increasing amount of attention from both practitioners and researchers. In business journals and books, practitioners continuously emphasize the need for organizations to create conditions that s u p port creativity a s a means for promoting organizational effectiveness, and even survival, in the face of fierce competition and rapidly changing technological, economic, regulatory, and market conditions (e.g., Loeb, 1995; Verespej, 1994). Researchers have responded to calls for examining the innovation process in organizational settings by developing models of creativity and innovation (e.g.....

Words: 11078 - Pages: 45

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Innovation

...Innovation Process Paper: Comcast Name University of Phoenix OI/361 Date Instructor Name Innovation Process Paper: Comcast Introducing new and innovative ideas and strategies to a company is a process. This process must not be taken lightly to ensure that these ideas and strategies are successfully implemented in the organization. Comcast can ensure success by making certain that they observe each of the four phases in the innovative process and using tools and techniques to their full advantage. One thing that must not be ignored is how to measure these implemented innovations and make certain there is continual improvement toward success. Comcast has what it takes to be successful if they can successfully implement the innovative process in their future ideas and strategies. Four Basic Phases of the Innovative Process There are four basic phases in the innovative process; utilizing these phases will ensure success for Comcast in their future endeavors. Von Stamm (p. 39, 2003) asserts that, “While structured processes for the development and management of new products are no guarantee forimproving innovativeness, they are nevertheless an important part in an organization’s armory to improve newproduct introduction rate and maximize the benefits from a company’s product portfolio.” Observing the process alone will not prove success but certainly will increase the odds of having a successful introduction of innovative strategies and...

Words: 1858 - Pages: 8

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Gmba

...Software Subsidiary Sachin Bhirud1, Lewlyn Rodrigues1, Pradeep Desai2 Manipal Institute of Technology1, Philips Innovation Campus2 [pic] ABSTRACT: This study is concerned with the knowledge sharing practices in Knowledge Management (KM) for innovation. This paper investigates a wide range of functionalities under the purview of KM that supports different set of organizational activities. Knowledge sharing practices in the organization are also explored for the purpose of formalization and sharing best practices and experiences within the organization [pic] 1. Introduction The main objective of KM is to manage organizational knowledge to create new knowledge. The new knowledge is created by combining existing knowledge pieces or by generation of novel concepts through knowledge sharing. The KM and innovation is linked by knowledge sharing as depicted in Figure 1. 1.1. Knowledge Management Knowledge Management (Davenport & Prusak, 1998; Allee, 1997; Alavi and Leidner, 1999; Hsiangchu and Tsai-hsib, 2000) is the process of managing the organization’s knowledge by means of systematic and organizational specific processes for acquiring, organizing, sustaining, applying, sharing and renewing both tacit and explicit knowledge by employees to enhance the organizational performance and create value. The true value is created by fostering innovation in the organization. This indicates that there are two important aspects in KM. First, the organization must consider knowledge...

Words: 3364 - Pages: 14

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Social Entrepreneurs Lack Business Skills Training, Education and Social Innovation

...TRAINING, EDUCATION AND SOCIAL INNOVATION By: Marisa Cloete Mini Research Proposal History and Theory of Graphic Design 3 TABLE OF CONTENTS TABLE OF CONTENTS ………………………………………………………………………….....3 LIST OF FIGURES …………………………………………………………………………………..4 APPENDIX…………………………………………………………………………………………….4 GLOSSARY OF TERMS ………………………………………………………………………..…..5 CHAPTER 1: RESEARCH PROBLEM …………………………………………………………...6 1.1 INTRODUCTION ………………………………………………………………………………...6 1.2 STATEMENT OF RESEARCH PROBLEM ……………..……………………………………6 1.3 BACKGROUND OF THE RESEARCH PROBLEM …………….…………..………………,.7 1.4.1 MAIN RESEARCH QUESTION .....................................................................................7 1.4.2 SUB-QUESTION ….....……………………………………………………..………………....7 CHAPTER 2: LITERATURE REVIEW …………………………………………..………………..8 2.1 INTRODUCTION …………………………………………………………….….……………….8 2.2 SOCIAL INNOVATION, SOCIAL ENTREPRENEURS AND THEIR BASIC NEEDS…….8 2.3 SOCIAL ENTREPRENEURS NEED SKILLS AND TRAINING. ……….……..…………….9 2.4 CASE STUDIES: SUCCESFULL SOCIAL ENTREPRENEURS …..……………………..11 2.4.1 LOCAL CASE STUDIES IN RELATION TO DESIGN RESEARCH ……….…….....11 2.4.2 INTERNATIONAL CASE STUDIES IN RELATION TO DESIGN RESEARCH…....12 2.5. CONCLUSION AND RECOMMENDATIONS ……………………..……..……...………..13 CHAPTER 3: RESEARCH DESIGN AND METHODOLOGY …….…………….…………….14 3.1 INTRODUCTION ………………………………………………..…………….……………….14 3.2 QUALITATIVE RESEARCH ………………………….………..……....…….………………...

Words: 6843 - Pages: 28

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Outline

...bulb" idea of streamlining camera equipment while filling a functionality niche 2. Benefits • Four main benefits: portability, functionality, risk reduction and portable storage • Portable storage is the basic benefit • Functionality is a differentiating benefit, especially the computing power • Consumer devices are filling ever-smaller niches based on specialized functionality • Risk reduction because it is relatively impervious to adverse weather • Great for photographers in volatile climates such as rainforests, deserts and frozen areas • Also safe from crime compared to a laptop • Portability is relative to laptops • Allows the photographer to leave the laptop at home • Premium product with advantage in its features 3. Competitive Analysis • Competitive environment shaped by any firm that could potentially launch a similar product • No competition yet, but there will be • Porter's five forces • Good bargaining power with suppliers of components and assembly • Good bargaining power over buyers, since this is a unique product. • Bargaining power over buyers will decrease with time • Buyers are not price sensitive • Threat of new entrants is high • The basic idea cannot be...

Words: 578 - Pages: 3

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Study Notes for Netw 583

...Innovative ideas into products 1-The first stage in the innovation process is to find the “new” ideas and insights to commercialize. The first stage in the innovation process is to find the “new” ideas and insights to commercialize. 2-To enable successful innovation, CEOs need to create both an innovation agenda and a culture tolerant of risk.This includes setting expectations for innovation, and developing methods to measure the success of innovation activities. 3- Transforming ideas to novel products, processes and services Effectively transforming ideas to commercially useful applications is not easy, and many innovations fail in this stage of the process. 4- Scaling value creation CEOs can realize value from innovations when they scale to successfully help to create significant revenues or generate substantial savings. Process vs Product innovation Product innovations are embodied in the outputs of an organization—its goods or services. For example, Honda's development of a new hybrid electric vehicle is a product innovation. Process innovations are innovations in the way an organization conducts its business, such as in the techniques of producing or marketing goods or services. Process innovations are often oriented toward improving the effectiveness or efficiency of production by, for example, reducing defect rates or increasing the quantity that may be produced in a given time. For example, a process innovation at a biotechnology firm might entail developing a genetic...

Words: 2306 - Pages: 10